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Aktu­el­le Pra­xis­fra­gen im Win­ter 2018

Das Jahr 2018 startet ähnlich spannend, wie 2017, als die Abschaffung des Sanierungserlasses unerwartet einschlug.

Ganz aktuell hat der BGH die Bugwellentheorie abgeschafft!

Daneben warten wir mit Spannung auf die Stellungnahme der Bundessteuerberaterkammer (BStBK) zur Erstellung von Jahresabschlüssen in der Krise. Das BGH-Urteil zur Steuerberaterhaftung hat hier für hohe Verunsicherung gesorgt. Daher will die BStBK ihre bisherigen Verlautbarungen und Hinweise überarbeiten. In diesen hatte die BStBK sehr ausführlich dargelegt, welche Handlungsoptionen für Steuerberater bestehen. Der Grundtenor allerdings schon damals: Im Zweifel muss der Steuerberater sein Mandat niederlegen. Denn er darf nicht bewusst an einer falschen Bilanzerstellung mitwirken.

Die Entwicklung zum Sanierungserlass bleibt weiterhin spannend. Wir haben immer noch keine neue Regierung. Unklar ist daher auch, ob die Fragen der EU-Kommission überhaupt schon beantwortet wurden. Erst danach wird die EU-Kommission ja erneut beraten und dann entscheiden, ob die neue gesetzliche Regelung (§ 3a EStG) eine verbotene Beihilfe darstellt oder nicht.

Beim Thema Rangrücktritt ist es eigentlich ruhig. Richtig Fahrt aufgenommen hat aber die Diskussion zur Bilanzierung in der Handelsbilanz. Hier wird eine neue Baustelle eröffnet, die das ganze Thema Rangrücktritt noch einmal grundlegend verändern kann. Sollte sich die Auffassung durchsetzen, dass eine Ausbuchung in der Handelsbilanz auch nur droht, wird ein ganz wesentlicher Sanierungsbaustein zur vorinsolvenzlichen Stabilisierung von Unternehmen erheblich entwertet.

Einen Überblick zu diesen Themen zusammen mit zahlreichen Praxishinweisen finden Sie in der aktuellen Veröffentlichung "Aktuelle PRaxisfragen in der GmbH-Sanierung", die in Heft 1 der KSI 2018, S. 20 - 26, erschienen ist. Sie können den Beitrag auch hier kostenlos herunterladen:

Aktu­el­le Pra­xis­fra­gen in der GmbH-Sanie­rung

Rang­rück­tritt / Sanie­rungs­er­lass / Stil­le Liqui­da­ti­on / Steu­er­be­ra­ter­haf­tung – Sanie­rung…

Mit besten Grüßen
Ihr
Raoul Kreide


Sanie­rungs­er­lass: Über­gangs­re­ge­lun­gen verfassungswidrig

Kein Vertrauensschutz für Altfälle!

In zwei aktuellen Urteilen hat der Bundesfinanzhof erneut zugeschlagen: Die Übergangsregelung für Altfälle im BMF-Schreiben vom 27. April 2017 (BStBl. I 2017, 741) sind genauso verfassungswidrig, wie der Anfang des Jahres verworfene "Sanierungserlass" (BMF-Schreiben vom 27. März 2003, BStBl. I 2003, 240).

Unter dem folgenden link finden Sie unsere Einschätzung der Urteile mit einem Überblick über die nun geltende Rechtslage:


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Die aktuellen Urteile des BFH finden Sie hier:
Pressemitteilung Nr. 64 vom 25. Oktober 2015
BFH, Urteil vom 23.8.2017, I R 52/14
BFH, Urteil vom 23.8.2017, X R 38/15


Das Bundesministerium der Finanzen hatte die Finanzämter mit dem angegriffenen Schreiben vom 27. April 2017 angewiesen, den Sanierungserlass "weiterhin uneingeschränkt anzuwenden", wenn die gewinnauslösenden Forderungsverzichte bis spätestens 8. Februar 2017 endgültig vollzogen worden waren. Auf diese Weise sollte dem Vertrauenschutz genüge getan werden. Denn am 8. Feburar 2017 war der Beschluss des Großen Senats veröffentlicht worden, der den Sanierungserlass als verfassungswidrig einordnete.

Der BFH stellt fest, dass eine Übergangsregelung nur vom Gesetzgeber geschaffen werden kann. Dieser hatte jedoch auf eine Regelung für Altfälle verzichtet, weil diese bereits durch das BMF-Schreiben erfasst worden waren. Ergebnis: Es gibt keine zulässige Rechtsgrundlage für die Behandlung von Altfällen.

Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung reagieren wird. Klar ist, dass sich die Finanzgerichte an der Rechtsprechung des BFH ausrichten werden. Ansonsten gilt jedoch, dass ein BFH-Urteil zunächst nur für den konkreten Einzelfall bindend ist. Die Finanzverwaltung wird erst für alle Fälle gebunden, wenn das Urteil im Bundessteuerblatt veröffentlicht wird. Die Finanzverwaltung macht jedoch regelmäßig davon Gebrauch, Urteil nicht zu veröffentlichen bzw. einen so genannten Nichtanwendungserlass zu beschließen.

Vorerst ist die Finanzverwaltung also weiterhin an die Maßgabe des BMF-Schreibens gebunden. Dennoch wäre wünschenswert, schnellstmöglich einen verfassungskonformen und damit rechtssicheren Zustand herzustellen. Hier ist der Gesetzgeber gefordert.


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Dr. Raoul Krei­de auf der IfUS-Konferenz

Konferenzvortrag Dr. Raoul kreide

Am 15. September 2017 fand die jährliche Sanierungskonferenz des IfUS-Instituts in Heidelberg statt. Über 300 Teilnehmer besuchten workshops und Fachvorträge. Dr. Raoul Kreide berichtete in seinem Konferenzvortrag über „Aktuelle Problemfelder in der GmbH-Sanierung“. Neben der gemeinsamen Diskussion über die Formulierung von Rangrücktrittsvereinbarungen erläuterte er die neue Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Steuerberaterhaftung. In der Krise wird die Jahresabschlusserstellung schnell zur Haftungsfalle.

Die Vortragsunterlagen können Sie hier kostenlos herunterladen: Downloads

Darin finden Sie unter anderem aktuelle Informationen zur Formulierung von Rangrücktrittsvereinbarungen, zum Sanierungserlass und dessen gesetzlicher Neufassung und zu einer ganz aktuellen Verfügung der OFD Frankfurt zur steuerlichen Berücksichtung von Gesellschafterdarlehen im Rahmen der stillen Liquidation. Abgerundet wird das Vortragsskript durch einen Verweis auf das neue Urteil des Bundesgerichtshofs, welches alle Steuerberater verinnerlichen sollten, deren Mandanten in der Krise um Erstellung eines Jahresabschlusses bitten.


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Haf­tung des Steu­er­be­ra­ters auch bei Dau­er­man­dat in der Krise

Geriet der Mandant in eine Krise, galt in der steuerlichen Dauerberatung bislang eine goldene Regel: Wer angesichts drohender Insolvenzgefahren schweigt, macht nichts falsch. Diese Rechtsprechung hat der BGH in einem vor wenigen Tagen veröffentlichten Urteil vom 26. Januar 2017 (IX ZR 285/14) auf den Kopf gestellt: Nun muss der Steuerberater seinen Mandanten explizit warnen, wenn Umstände auf eine drohende Insolvenz hinweisen. Zudem wird die Haftung des Steuerberaters verschärft: Der BGH wertet es als einen haftungsbegründenden Mangel, wenn der Steuerberater im Jahresabschluss von Fortführungswerten ausgeht, ohne sich durch konkrete Nachfrage vergewissert zu haben, dass die Fortführung nicht gefährdet ist.

Weiterführende Informationen finden Sie hier:


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Sanie­rungs­er­lass: Anspruch auf Billigkeitsregelung?

Nach der Entscheidung des BFH (Beschluss vom 28. November 2016, Az. GrS 1/15) wendet die Finanzverwaltung den Sanierungserlass "Sanierungserlass" vom 27. März 2003 (BStBl I 2003, 240) derzeit nicht mehr an. Obwohl mit Hochdruck an einer Übergangslösung gearbeitet wird, ist erst in zwei bis drei Monaten mit einer Lösung und damit einer rechtssicheren Gestaltungsmöglichkeit zu rechnen. Doch wie kann man mit laufenden Fällen umgehen? In den wenigesten Restrukturierungs- und Insolvenzplanfällen hat man die Zeit, um abzuwarten. Selbst wenn ein Gesetz später rückwirkend gelten soll, ist fraglich, ob man die Gläubiger heute von den erforderlichen Maßnahmen überzeugen kann.

Prof. Dr. Marc Dresens hat auf dem Leipziger Insolvenzsteuertag am 29. Feburar 2017 eine interessante Argumentationskette aufgebaut. Sie überzeugt und könnte in dem ein oder anderen Fall vielleicht helfen, gemeinsam mit der Finanzverwaltung eine Lösung zu finden. Zu viel Euphorie ist jedoch nicht geboten: Die Finanzverwaltung positioniert sich in ersten Aussagen sehr klar dahingehend, dass derzeit keine Entscheidungen getroffen werden - auch nicht solche, die den Sanierungserlass nicht voraussetzen.

Prof. Dresens hat zu Recht die Frage aufgeworfen, ob die Finanzverwaltung nicht auf der Grundlage der bestehenden Gesetze (§§ 163, 227 AO) verpflichtet ist, Sanierungsgewinne steuerfrei zu stellen. Der BFH hat in der Entschiedung selbst betont, dass ein Steuererlass aufgrund sachlicher Unbilligkeit im Einzelfall weiterhin möglich ist. Der entscheidende Gedankengang von Prof. Desens: "Die Besteuerung des Forderungsverzichts ist dann sachlich unbillig, wenn dies im Einzelfall nach einer Prognose im Vergleich zur Nichtbesteuerung durch Erlass zu staatlichen Mindereinnahmen führt." In dem er darauf abstellt, dass die Steuereinnahmen in der drohenden Insolvenz geringer wären, als bei einer Sanierung mit Steuererlass, schafft er die logische Argumentationsbrücke, um einen Fiskalzweck innerhalb des Steuerrechts als Rechtfertigungsgrund für die Billigkeitsregelung zu etablieren. Denn arbeits- und wirtschaftspolitischen Ziele hatte der BFH die Eingung, einen Erlass zu rechtfertigen, ausdrücklich abgesprochen.

Die Argumentation ist spannend und überzeugt. Dennoch dürfte die Fianzverwaltung derzeit nicht beeit sein, solche Wege mitzugehen.

Hintergründe und einer Analyse der Rechtsfolgen für die Praxis finden Sie ab sofort auf unserer IfSBR-Sonderseite "Sanierungsgewinne und Sanierungserlass". Den Vortrag von Prof. Dresens finden Sie hier: "Sanierung des Sanierungserlasses?".


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9. November 2023 - Seite 1 von 1