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Bun­des­tag ver­ab­schie­det Sanie­rungs­ge­setz mit Altfallregelung

Bundestag verabschiedet die Regelung, durch die § 3a EStG, § 7b GewStG (Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen) in Kraft gesetzt werden

Feuerwehrmann löscht BrandSanierungsgewinne sollen durch § 3a EStG und § 7b GewStG wieder steuerfrei werden. Nach dem die EU-Kommission durch einen Comfort Letter Ihr "ok" gegeben hat, ist nun der Gesetzgeber am Zug (wir hatten berichtet). Die ursprüngliche Regelung sah vor, dass das Gesetz erst in Kraft tritt, wenn ein förmlicher Beschluss ergeht. Der Comfort Letter aus Brüssel erfüllt diese Voraussetzung nicht.

Bundestag beschließt In-Kraft-Treten

Der Gesetzgeber hat das In-Kraft-Treten im Jahressteuergesetz 2018 geregelt, welches den sperrigen Namen "Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften" trägt (BT-Drs. 19/5595). Dabei hat er Artikel 19 "Inkraftsetzung der Steuerbefreiung für Sanierungserträge" noch einmal umformuliert:

"Die Artikel 2 und 3 Nummer 1 bis 4 sowie Artikel 4 Nummer 1 bis 3 Buchstabe a des Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) treten am Tag nach der Verkündung des Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) in Kraft. Artikel 6 Absatz 2 des Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) wird aufgehoben"

Die Regelung klingt erst einmal kompliziert. Die Daten zum In-Kraft-Treten beziehen sich aber auf das ursprüngliche Artikel-Gesetz. Inhaltlich gilt die Neuregelung für alle Sanierungsgewinne nach dem 8. Februar 2018. Dies regelt § 52 Abs. 4 EStG-neu:

„(4a) § 3a in der Fassung des Artikels … des Gesetzes vom … BGBl. I S. …) [einsetzen: Ausfertigungsdatum und Fundstelle des vorliegenden Änderungsgesetzes] ist erstmals in den Fällen anzuwenden, in denen die Schulden ganz oder teilweise nach dem 8. Februar 2017 erlassen wurden. Satz 1 gilt bei einem Schuldenerlass nach dem 8. Februar 2017 nicht, wenn dem Steuerpflichtigen auf Antrag Billigkeitsmaßnahmen aus Gründen des Vertrauensschutzes für einen Sanierungsertrag auf Grundlage von § 163 Absatz 1 Satz 2 und den §§ 222, 227 der Abgabenordnung zu gewähren sind.“

Für die Gewerbesteuer regelt § 36 Abs. 2c dies entsprechend. Den vollständigen Wortlaut der Neuregelung finden Sie auf unserer Seite Gesetzliche Regelungen zu Sanierungsgewinnen.

Die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (Bt-Drs. 19/5595 vom 7. November 2018) begründet dies wie folgt:

Artikel 2 und 3 Nummer 1 bis 4 sowie Artikel 4 Nummer 1 bis 3 Buchstabe a des Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) Durch Artikel 19 werden die Artikel 2, 3 Nummer 1 bis 4 und Artikel 4 Nummer 1 bis 3 Buchstabe a des Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) in Kraft gesetzt. Die Generaldirektion Wettbewerb der Kommission hat die Regelung geprüft und mitgeteilt, dass sie mit Blick auf die bisherige einkommen-, körperschaft- und gewerbesteuerrechtliche Behandlung von Sanierungserträgen in der Anwendungspraxis zu dem Ergebnis gekommen ist, dass für die Steuerbefreiung von Sanierungserträgen unbeschadet bestimmter formaler und administrativer Änderungen bei der steuerrechtlichen Behandlung von Sanierungserträgen unter dem Gesichtspunkt der bestehenden Maßnahme keine Notifizierungspflicht besteht. Diese Regelung kann daher aus beihilferechtlicher Sicht ohne ein Notifizierungsverfahren durchgeführt werden. Die Steuerbefreiung für Sanierungserträge (§ 3a EStG, § 7b GewStG) kann zum 5. Juli 2017, d. h. dem nach Artikel 6 Absatz 1 des Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) für dieses Gesetz grundsätzlich vorgesehenen Inkrafttretenszeitpunkt (Tag nach der Verkündung) nunmehr in Kraft gesetzt werden.

Die entsprechende Stellungnahme des Bundesrates finden Sie hier: (Bundesrat, Drucksache 372/18 vom 21. September 2018 (Seite 37 ff.))

Optionale Altfallregelung für Sanierungsgewinne

Der Bundestrat hatte den Gesetzgeber gebeten, die Möglichkeit einer Alt-Fallregelung für Besteuerungsfälle zu prüfen, in denen der Schuldenerlass bis zum 8. Februar 2017 ausgesprochen oder in denen bis zu diesem Stichtag eine verbindliche Auskunft erteilt wurde.

Die Finanzverwaltung hatte zwar durch entsprechende Verwaltungsanweisungen Vertrauensschutz zugesagt. Der Bundesfinanzhof hat jedoch in einer ganzen Reihe von Urteilen sowohl diese Vertrauensschutzregelung als auch den danach ergangenen Nicht-Anwendungserlass zu seinen Urteilen für unwirksam erklärt. Gerichte dürfen / werden faktisch den (alten) Sanierungserlass nicht berücksichtigen (wir hatten auch hierzu ausführlich berichtet).

Nachdem die Bundesregierung in Ihrer Stellungnahme eine Prüfung zugesagt hatte, hat der Finanzausschuss in letzter Minute eine Regelung für Altfälle eingefügt.

§ 52 Abs. 4a EStG wird folgender Satz angefügt:

„Auf Antrag des Steuerpflichtigen ist § 3a auch in den Fällen anzuwenden, in denen die Schulden vor dem 9. Februar 2017 erlassen wurden.“

§ 52 Abs. 5 EStG wird folgender Satz angefügt:

„§ 3c Absatz 4 ist auch in den Fällen anzuwenden, in denen dem Steuerpflichtigen die Steuerbefreiung des § 3a auf Grund eines Antrags nach Absatz 4a Satz 3 gewährt wird.“

Ergänzt werden die Regelungen durch einen entsprechenden Verweis in den Anwendungsregelungen zum Körperschaftsteuergesetz. Nach § 34 Abs. 3a KStG wird folgender Absatz 3b eingefügt:

„(3b) § 8 Absatz 8 Satz 6, § 8 Absatz 9 Satz 9, § 8c Absatz 2, § 8d Absatz 1 Satz 9, § 15 Satz 1 Nummer 1 Satz 2 und 3 und § 15 Satz 1 Nummer 1a in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) sind auch für Veranlagungszeiträume vor 2017 anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige einen Antrag nach § 52 Absatz 4a Satz 3 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Artikels … des Gesetzes vom … (BGBl. I S. …) [einsetzen: Ausfertigungsdatum und Fundstelle des vorliegenden Änderungsgesetzes] stellt.“

Ebenfalls angepasst wird die Anwendungsvorschrift im Gewerbesteuergesetz. Dem § 36 Abs. 2c GewStGwird folgender Satz angefügt:

„Auf Antrag des Steuerpflichtigen ist § 7b auch in den Fällen anzuwenden, in denen die Schulden vor dem 9. Februar 2017 erlassen wurden.“

Dazu heißt es in der Begründung des Finanzausschusses:

§ 52 Absatz 4a Satz 3 EStG – neu –
Durch die Ergänzung von § 52 Absatz 4a EStG ist die Steuerbefreiung für Sanierungserträge (§ 3a EStG) auf Antrag des Steuerpflichtigen auch in den Fällen anzuwenden, in denen der Schuldenerlass vor dem 9. Februar 2017 stattgefunden hat (sog. Altfälle). Damit ist für die betroffenen Steuerpflichtigen auch in Altfällen ausreichende Rechtssicherheit und die Eröffnung des Rechtsweges bei Ablehnung der Annahme eines begünstigten Sanierungsertrages durch die Finanzverwaltung gegeben.
§ 52 Absatz 5 Satz 4 EStG– neu –
Durch die Ergänzung von § 52 Absatz 5 EStG wird sichergestellt, dass auch in den Fällen, in denen der Steuer-pflichtige die Steuerbefreiung des § 3a EStG in einem sog. Altfall beantragt, das Betriebsausgabenabzugsverbot des § 3c Absatz 4 EStG anzuwenden ist.
§ 34 Absatz 3b KStG – neu –
Folgeänderung aus § 52 Absatz 4a Satz 3 EStG. Die Anwendung des § 3a EStG wird im Körperschaftsteuergesetz in Fällen eines Betriebes gewerblicher Art, einer Eigengesellschaft, der Verlustregelungen und der Organschaft angepasst. Die Regelung stellt sicher, dass dies auch dann berücksichtigt wird, wenn der Steuerpflichtige in sog. Altfällen die Anwendung des § 3a EStG beantragt.
§ 36 Absatz 2c Satz 3 GewStG – neu –
Durch die Ergänzung von § 36 Absatz 2c GewStG ist die Steuerbefreiung für Sanierungserträge (§ 7b GewStG) auch für Zwecke der Gewerbesteuer auf Antrag des Steuerpflichtigen in den Fällen anzuwenden, in denen der Schuldenerlass vor dem 9. Februar 2017 stattgefunden hat (sog. Altfälle). Hierbei handelt es sich um ein eigen-ständiges gewerbesteuerliches Antragsrecht. Damit ist für die betroffenen Steuerpflichtigen auch in Altfällen aus-reichende Rechtssicherheit, insbesondere bei Beschreitung des Rechtsweges bei Ablehnung der Annahme eines begünstigten Sanierungsertrages durch die Finanzverwaltung, gegeben.

Stellungnahme zum Gesetzentwurf

Die Steuerfreiheit für Sanierungsgewinne (für alle Maßnahmen nach dem 8. Februar 2017) ist so gut wie da! Zwar muss der Bundesrat dem Gesetz noch zustimmen. Dies ist jedoch trotz kontroverser politischer Diskussionen zu anderen Bestandteilen des Gesetzes (unter anderem zur Dienstwagenbesteuerung) zu erwarten. Das ist die lang erhoffte, gute Nachricht.

Die neu eingefügte Altfall-Regelung stellt den Steuerpflichtigen vor die Wahl:

  • Er kann die Neuregelung in Anspruch nehmen,
  • trotz großer rechtlicher Bedenken auf den von der Finanzverwaltung zugesagten Vertrauensschutz hoffen oder
  • oder wie bislang die Entstehung von Sanierungsgewinnen durch entsprechende Maßnahmen vermeiden.

Künftig werden Steuerpflichtige damit wirtschaftlich abwägen müssen, welcher Weg für Sie der günstigste ist. Dies gilt in gewissem Maße auch für Fälle, in denen die Sanierungsgewinne nach dem 8. Februar 2017 entstehen. Denn die neue Regelung greift nur, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt werden. Es ist derzeit noch offen, ob es der Steuerpflichtige in der Hand hat, durch schlichtes Nicht-Nachweisen der Voraussetzungen die Nicht-Anwendung der Regelung zu erreichen.

Ihr

Raoul Kreide

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Sanierungsgewinne

Com­fort Let­ter zu Sanie­rungs­ge­win­nen und Sanierungserlass

Wortlaut des Comfort Letters zu Sanierungsgewinnen bestätigt

Sanierungsgewinne

Uns liegt der Comfort Letter der EU-Kommission zur Besteuerung von Sanierungsgewinnen vor. Daher können wir aus erster Hand bestätigen, was im Wesentlichen auch schon bekannt war:

1. Es gibt ihn! Die GD Wettbewerb der Europäischen Kommission hat ihn mit Datum vom 31. Juli 2018 an die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der Europäischen Union übersandt.

2. Es handelt sich um eine "Alt-Beihilfe". Die EU-Kommission formuliert allerdings etwas indirekter: Falls es eine Beihilfe ist, dann dürfte es eine "bestehende Beihilfe im Sinne des Artikels 1 Buchstabe b Ziffer i der Verfahrensverordnung für staatliche Beihilfen" (Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABL. L 248 vom 24. September 2015, Seite 9) sein.

3. Als Alt-Beihilfe muss die Neuregelung der Sanierungsgewinne (§ 3a EstG, § 7b GewStG) nicht nach Artikel 108 AEUV bei der Kommission angemeldet werden und kann durchgeführt werden.

Unsere erste Analyse zum Comfort Letter kurz nach desssen Bekanntwerden finden Sie hier: Sanierungserlass – Brüssel billigt Steuerfreiheit auf Sanierungsgewinne Dort finden Sie auch eine kurze Erklärung, welche Qualität ein "Comfort Letter" überhaupt hat.

Der Gesetzgeber ist aktuell dabei, die Regelung in Kraft zu setzen. Daneben hatte der Bundesrat um Prüfung gebeten, ob eine gesetzliche Regelung für Alt-Fälle aufgenommen werden kann. Informationen zum aktuellen Gesetzgebungsverfahren: Sanierungsgewinne – Gesetz kommt – Bundesrat schlägt Regelung für Altfälle vor

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Sanierungsgewinne Feuer und Wasser

Sanie­rungs­ge­win­ne – Gesetz kommt – Bun­des­rat schlägt Rege­lung für Alt­fäl­le vor

Comfort Letter macht Gesetzesänderung zu Sanierungsgewinnen erforderlich

Feuerwehrmann löscht BrandSanierungsgewinne sollen wieder steuerfrei werden. Nach dem die EU-Kommission durch einen Comfort Letter Ihr "ok" gegeben hat, ist nun der Gesetzgeber am Zug (wir hatten berichtet). Denn der schon verabschiedete Gesetzentwurf sollte nach der ursprünglichen Gesetzesfassung erst in Kraft treten, wenn ein förmlicher Beschluss ergeht. Der Comfort Letter aus Brüssel erfüllt diese Voraussetzung nicht.

In-Kraft-Treten des Gesetzes über Sanierungsgewinne jetzt im Gesetzgebungsverfahren

Der Gesetzgeber wird daher schnellstmöglich Abhilfe schaffen. In seiner Sitzung vom 21. September 2018 hat der Bundesrat nun eine entsprechende Regelung ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht:

"In Artikel 6 des Gesetzes über schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen vom 27. Juni 2017, BGBl. I S. 2074, ist Absatz 2 aufzuheben."

Wenn der genannte Artikel aufgehoben wird, tritt das 2017 bereits verabschiedete Gesetz automatisch in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt gelten die Vorschriften (§ 3a EStG, § 7a GewStG) mit Rückwirkung ab dem 8. Februar 2017.

Der Bundesrat begründet dies wie folgt:

Das Inkrafttreten der Neuregelung der Steuerbefreiung von Sanierungs-gewinnen durch § 3a des Einkommensteuergesetzes und die zugehörigen weiteren Regelungen ist nach Artikel 6 Absatz 2 des Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen von einem (gesondert bekanntzumachenden) förmlichen Beschluss der EU-Kommission abhängig. Die EU-Kommission hat jedoch einen solchen Beschluss nicht gefasst, sondern ihre Auffassung in einem „comfort letter“ mitgeteilt. Es ist daher notwendig, die bisherige Inkrafttretensregelung aufzuheben und die Vorschrift unmittelbar in Kraft zu setzen, damit Unternehmenssanierungen auf eine gesicherte Rechtsgrundlage über die steuerlichen Folgen von Schulderlassen aufbauen können.

Die entsprechende Stellungnahme des Bundesrates finden Sie hier: (Bundesrat, Drucksache 372/18 vom 21. September 2018 (Seite 37 ff.))

Altfallregelung für Sanierungsgewinne

Der Gesetzentwurf enthält noch eine weitere frohe Botschaft. Und zwar im Hinblick auf Alt-Fälle, zu denen nach wie vor hohe Rechtsunsicherheit herrscht:

Der Bundesrat bittet zu prüfen, ob eine Rechtsgrundlage für Besteuerungsfälle von Sanierungserträgen geschaffen werden kann, in denen der Schuldenerlass bis zum 8. Februar 2017 ausgesprochen oder in denen bis zu diesem Stichtag eine verbindliche Auskunft erteilt wurde.

Die Finanzverwaltung hatte zwar durch entsprechende Verwaltungsanweisungen Vertrauensschutz zugesagt. Der Bundesfinanzhof hat jedoch in einer ganzen Reihe von Urteilen sowohl diese Vertrauensschutzregelung als auch den danach ergangenen Nicht-Anwendungserlass zu seinen Urteilen für unwirksam erklärt. Gerichte dürfen / werden faktisch den (alten) Sanierungserlass nicht berücksichtigen (wir hatten auch hierzu ausführlich berichtet).

Der Bundesrat führt zu seinem Vorschlag aus:

Nachdem der Große Senat des BFH mit Beschluss vom 28. November 2016 (GrS 1/15, BStBI 2017 II S. 393) den Sanierungserlass der Finanzverwaltung vom 27. März 2003 (BStBl I S. 240) aufgehoben hat, wurde im Rahmen des Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen eine gesetzliche Neuregelung zur Besteuerung von Sanierungserträgen beschlossen. Anzuwenden ist die Neuregelung erstmals in den Fällen, in denen die Schulden ganz oder teilweise nach dem 8. Februar 2017 erlassen wurden.

Mit Schreiben des BMF vom 27. April 2017 (BStBI I S. 741) hat die Finanzverwaltung Vertrauensschutz für Fälle gewährt, in denen bis zum 8. Februar 2017 der Forderungsverzicht der Gläubiger erklärt oder eine verbindliche Auskunft bzw. Zusage zur Anwendung des Sanierungserlasses erteilt wurde.

Der BFH hat jedoch mit Urteilen vom 23. August 2017 (I R 52/14 und X R 38/15) auch dieses BMF-Schreiben als mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nicht vereinbar verworfen. Es besteht damit trotz des Nichtanwendungserlasses vom 29. März 2018 (BStBl I S. 588) keine gesicherte Rechtsgrundlage für Sanierungsfälle, die bis zum 8. Februar 2017 vollzogen wurden. Damit werden Unternehmenssanierungen gefährdet. Sowohl die betroffenen Unternehmen und Insolvenzverwalter als auch die Finanzverwaltung bedürfen der Rechtssicherheit.

Stellungnahme zum Gesetzentwurf

Die beste Nachricht steckt ganz unscheinbar in der Begründung des Bundesrates: Es gibt einen Comfort Letter! Bislang wurde dies kolportiert und dem Hörensagen nach berichtet. Aber keiner hatte ihn je gesehen. Nun gibt es ein offizielles Dokument des Gesetzgebers, in dem die Existenz und der Inhalt des Comfort Letters bestätigt wird.

Damit verbunden ist die weitere Nachricht, dass der Comfort Letter keine weiteren Auflagen oder Nebenbedingungen stellen dürfte. Denn der Bundesrat spricht davon, dass das Gesetz "wie es ist bzw. war" in Kraft treten kann. Hätte der Comfort Letter bestimmte Auflagen enthalten, so hätte der Gesetzgeber dies nun im Gesetzgebungsverfahren aufgreifen müssen.

Schließlich: es gibt immer noch Diskussionen, ob der Comfort Letter ausreichende Rechtssicherheit bietet. Wir haben aus Kreisen der Finanzverwaltung gehört, das man dort von hinreichender Rechtssicherheit ausgeht. Dennoch könnte ein Gericht die neuen Vorschriften dem EuGH zu Entscheidung vorlegen. In einem solchen (auch unserer Ansicht nach eher unwahrscheinlichen Fall) kann sich der Steuerpflichtige in Zukunft aber auch auf den Gesetzgeber und das Vertrauen in dessen Regelung berufen, der hier geschrieben hat: "damit Unternehmenssanierungen auf eine gesicherte Rechtsgrundlage über die steuerlichen Folgen von Schulderlassen aufbauen können."

Der Vorstoß des Bundesrates, Rechtssicherheit für Altfälle herzustellen, ist ebenfalls uneingeschränkt zu begrüßen. In der Sache sind sich alle einig. Der Gesetzgeber hatte ja im damaligen Gesetzgebungsverfahren unter Hinweis auf den schon durch die Verwaltung gewährten Vertrauensschutz nur deswegen auf eine gesetzliche Regelung verzichtet, weil er dachte, diese Regelung wäre ausreichend. Die "Zurechtweisung" durch den Bundesfinanzhof ist in der Sache sicherlich richtig. Die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ist in einer gelebten Demokratie ein hohes Gut, das es zu schützen gilt. Dennoch sorgt diese Fehleinschätzung bis heute für hohe Verunsicherung und ist dringend, jetzt auf dem verfassungsrechtlich richtigen Wege, zu korrigieren.

Ein guter Tag für Sanierer!
Ihr

Raoul Kreide

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Sanie­rungs­er­lass – DAV for­dert Klar­stel­lung zum Vertrauensschutz

ZUr Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen fordert der Deutsche Anwaltsverein (DAV) in seiner aktuellen Stellungnahme 41/2018 vom 30. August 2018 die Vertrauensschutzregelungen zum Sanierungserlass klarzustellen und den Streit zwischen BFH und BMF zu beenden.

Hintergrund

Nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) den altbewährten Sanierungserlass Anfang 2017 für verfassungswidrig erklärte, schuf der Gesetzgeber mit § 3a EStG und § 7a GewStG eine gesetzliche Regelung zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen. Zwei Problempunkte beschäftigen die Sanierungspraxis jedoch bis heute:

  • Die Neuregelung tritt nach dem Gesetz erst in Kraft, wenn die EU-Kommission die beihilferechtliche Unbedenklichkeit durch Beschluss festgestellt hat. Die EU-Kommission reagierte jedoch mit einem so genannten "Comfort Letter". Dieser bestätigt zwar, dass die EU-Kommission keine Beihilfe annimmt. Es fehlt aber an der im Gesetz (zu Recht) geforderten Qualität eines rechtskräftigen Beschlusses.
  • Inwieweit genießen Alt-Fälle Vertrauensschutz? Eine rückwirkende Geltung sieht das Gesetz nur für Maßnahmen nach dem 8. Februar 2017 vor. Während der BFH Vertrauensschutz wiederholt ablehnt will die Finanzverwaltung Vertrauensschutz für Altfälle gewähren und hat mit einem Vertrauensschutz-Erlass und einem Nicht-Anwendungserlassen der widersprechenden BFH-Entscheidungen reagiert.

Die Forderungen des DAV

Die Ausschüsse Insolvenzrecht und Steuerrecht des (DAV) fordern, dass der Gesetzgeber die schon verabschiedeten gesetzlichen Regelungen zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen schnellstmöglich in Kraft setzt.

Es kann damit gerechnet werden, dass das In-Kraft-Treten der Regelung in ein schon laufendes Gesetzgebungsverfahren eingebracht wird. Nahe liegt hier, dass dies mit dem Jahressteuergesetz 2018 erfolgt (zwischenzeitlich: "Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften", BT-Drs. 372/18).

Die zweite Forderung betrifft den Vertrauensschutz für Altfälle. Hierzu fordert der DAV, den Streit zwischen BFH und BMF durch eine gesetzliche Regelung zu beenden. Die Neuregelung solle auch für solceh Sanierungsfälle gelten, die vor dem 8. Februar 2017 vollzogen wurden.

Stellungnahme

Das In-Kraft-Treten gesetzlich zu regeln ist in der Tat erforderlich. Dies ergibt sich bereits zwangsläufig aus der im alten Gesetzestext gewählten Formulierung und dem nun lediglich vorliegenden Comfort Letter. Von Seiten der Finanzverwaltung ist ebenfalls zu hören, dass es keine Zweifel daran gibt, dass genau so verfahren werden soll.

Die zweite Forderung ist im Grundsatz ebenso richtig. Denn selbst der BFH erkennt das Bedürfnis nach Vertrauensschutz und die grundsätzliche Zulässigkeit einer Vertrauensschutzregelung an. Er stört sich lediglich (in einer rechtsstaatlichen Demokratie aber berechtigt) daran, dass der Verzicht auf Steuern eben nicht von der Verwaltung, sondern nur vom Gesetzgeber beschlossen werden dürfe.

Schwierig erscheint jedoch die Forderung, die Neuregelung auf Alt-Fälle zu erstrecken. Bislang und unserer Ansicht vorzugswürdig wendet die Finanzverwaltung den alten Sanierungserlass weiterhin an, wenn sie Vertrauensschutz gewährt. Die Neuregelung enthält umfassenste "Gegenfinanzierungsmaßnahmen". Sie greift in erheblicher Weise in die Dispositionsfreiheit des Steuerpflichtigen ein. Einen Altfall mit der Neuregelung zu retten, mag daher nicht unbedingt im Interesse des Steuerpflichtigen sein. Es kann zwar den Druck der Steuerlast nehmen, reißt jedoch an anderer Stelle neue Lücken auf, mit denen bei Entwicklung der Sanierungsstruktur noch nicht gerechnet werden konnte. Vorzugswürdig erscheint daher, weiterhin die Anwendung des alten Sanierungserlasses zu ermöglichen. Dies gilt insbesondere, wenn man wie der DAV darauf abstellt, dass die im berechtigten Vertrauen auf den Sanierungserlass vereinbarten Sanierungspläne Rechtssicherheit erlangen.

Angesichts der Komplexität der Regelungen gibt es aus Kreisen der Finanzverwaltung zweifelnde Stimmen, ob bzw. wie der Gesetzgeber die Geltung des (ebenfalls hochkomplexen) Sanierungserlasses kdofizieren könnte. Problematisch ist ebenfalls, dass sich das Jahressteuergesetz bereits in einem parlamantarischen Stadium befindet, in dem umfangreiche Gesetzesänderungen nicht mehr vorgesehen sind.

Einen Überblick über die jüngsten Entwicklungen hatten wir Ihnen in unserem letzten Newsletter zusammengefasst:

Brüs­sel bil­ligt Sanie­rungs­er­lass – kei­ne ver­bo­te­ne Bei­hil­fe

EU-Kom­mis­si­on bil­ligt Sanie­run­ger­lass durch Com­fort Let­ter Die gesetz­li­che Neu­re­ge­lung…

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Sanie­rungs­er­lass – Brüs­sel bil­ligt Steu­er­frei­heit auf Sanierungsgewinne

Wie die FAZ und das finance magazin heute übereinstimmend berichten, hat die EU-Kommission die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen gebilligt.

Ist dies der lang ersehnte Befreiungsschlag?
Muss der deutsche Gesetzgeber jetzt nur noch "den Deckel drauf machen"?

Brüs­sel bil­ligt Sanie­rungs­er­lass – kei­ne ver­bo­te­ne Bei­hil­fe

EU-Kom­mis­si­on bil­ligt Sanie­run­ger­lass durch Com­fort Let­ter Die gesetz­li­che Neu­re­ge­lung…

Keine Notifikation im Sinne des Gesetzes

Leider hat Brüssel das deutsche Gesetz nicht formell notifiziert. Es handelt sich lediglich um einen "Comfort Letter". Dies ist keine formliche Entscheidung und vor allem kein "Beschluss" wie es Art. 6 Abs. 2 des Gesetzes zur Einführung des "gesetzlichen Sanierungserlasses" fordert:

(2) Die Artikel 2, 3 Nummer 1 bis 4 und Artikel 4 Nummer 1 bis 3 Buchstabe a treten an dem Tag in Kraft, an dem die Europäische Kommission durch Beschluss feststellt, dass die Regelungen der Artikel 2, 3 Nummer 1 bis 4 und des Artikels 4 Nummer 1 bis 3 Buchstabe a entweder keine staatliche Beihilfen im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilfen darstellen. Der Tag des Beschlusses der Europäischen Kommission sowie der Tag des Inkrafttretens werden vom Bundesministerium der Finanzen gesondert im Bundesgesetzblatt bekanntgemacht.

Was bedeutet das?

Für Brüssel dürfte die Anfrage erledigt sein. Man hat den Ball zum deutschen Gesetzgeber zurückgespielt.

Es wird kein förmlicher Beschluss ergehen. Damit kann das schon verabschiedete Gesetz nicht (nie) in Kraft treten. Der Gesetzgeber muss erneut tätig werden. Dieses neue Gesetz muss das Gesetzgebungsverfahren durchlaufen. Angesichts des politischen Willens in Berlin sollte dies aber eher eine Formalie und schnell erreichbar sein. Es wird jedoch neben dem Beschluss des Bundestages auch eine erneute Zustimmung des Bundesrats erforderlich werden. Dennoch: Der Gesetzgeber hat es nun selbst in der Hand, die Rechtslage bis zum Jahresende zu klären.

Der Brüsseler Comfort Letter

Was ist ein Comfort Letter?

Kühling/Rüchhardt erläutern dies im Kommentar von Streinz, EUV/AEUV, 3. Auflage 2018, zu Art. 108 AEUV Rn. 15 wie folgt:

Neuerdings handhabt die Kommission die Verabschiedung solcher Beschlüsse für Nicht-Beihilfen offensichtlich eher restriktiv. Hierzu tritt stattdessen die zweite Option, nämlich die Erstellung informeller „Comfort Letter“ als Abschluss von Pränotifizierungsgesprächen, in denen die Kommission – gegebenenfalls nach Anpassung der beabsichtigten mitgliedstaatlichen Maßnahme – ihre Überzeugung von der beihilfenrechtlichen Unbedenklichkeit der Maßnahme ausdrückt. Solche „Comfort Letter“ sind im Verfahrensrecht nicht explizit vorgesehen und vermitteln weniger Rechtssicherheit als ein Beschluss im Sinne von Art. 288 Abs. 4 AEUV, der in Bestandskraft erwachsen kann. Angriffe auf die mitgliedstaatliche Maßnahme vor nationalen Gerichten und grundsätzlich auch formelle Beschwerden bei der Kommission bleiben möglich. Für den Mitgliedstaat und die Kommission stellt der „Comfort Letter“ eine verhältnismäßig unkomplizierte Lösung dar, die zumindest die Sicherheit bietet, dass die Kommission nicht von sich aus beihilfenrechtliche Schritte einleitet.

Was steht im Comfort Letter zu Sanierungsgewinnen?

Aktuell ist nur bekannt, dass die EU-Kommission im Rahmen eines "Comfort Letters" bestätigt haben soll, dass die deutschen gesetzlichen Regelungen (die "gesetzliche Neufassung des Sanierungserlasses" in § 3a EStG) mit dem europäischen Beihilferecht vereinbar sein soll. Unklar ist jedoch, ob dies mit weiteren Nebenbedingungen oder Auflagen verbunden ist. Dem Vernehmen nach sieht die EU-Kommission die Regelung zu Sanierungsgewinnen als "Altfallregelung" an. Danach ist eine Beihilfe, die es schon vor Grüdnung der Europäischen Gemeinschaft (heute Europäische Union) gab, so lange zulässig, bis die EU-Kommission ein Verfahren einleitet. Mit dieser Argumentation soll die EU-Kommission im Comfort Letter zum Ausdruck gebracht haben, dass dadurch, dass sie kein Verfahren einleite, auch die Zulässigkeit der Beihilfe gegeben sei.

Was ist eine Alt-Beihilfe?

Bestehende Beihilfen ("Alt-Beihilfen") sind insbesondere die Beihilferegelungen, die vor Inkrafttreten des EWGV am 1. Januar 1958 eingeführt worden sind und auch nach dessen Inkrafttreten noch anwendbar sind (Art. 1 Buchst. b Unterbuchst. i der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Art. EGV Artikel 93 des EG-Vertrags):

b) "bestehende Beihilfen"

i) unbeschadet der Artikel 144 und 172 der Akte über den Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens alle Beihilfen, die vor Inkrafttreten des Vertrags in dem entsprechenden Mitgliedstaat bestanden, also Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die vor Inkrafttreten des Vertrags eingeführt worden sind und auch nach dessen Inkrafttreten noch anwendbar sind;

Hierzu hat der BFH mit Urteil vom 31. Juli 2013, I R 82/12, BStBl. II 2015, 123 folgendes entschieden:

Gemäß Art. AEUV Artikel 108 Abs. AEUV Artikel 108 Absatz 3 S. 3 AEUV darf ein Mitgliedstaat eine Beihilfe nicht einführen oder umgestalten, bevor die Kommission einen abschließenden Beschluss erlassen hat. Dieses Verbot gilt allein für neue Beihilfen; demgegenüber dürfen bestehende Beihilfen regelmäßig durchgeführt werden, solange die Kommission nicht ihre Unionsrechtswidrigkeit festgestellt hat (EuGH v. 15. 3. 1994, EUGH C-387/92, Banco Exterior de España, Slg. 1994, I Seite 877, BeckRS 2004, 76937, Rz. 20; v. 29. 11. 2012, EUGH C-262/11, Kremikovtzi, BeckRS 2012, 82517, Rz. 49).

Allerdings enthält die oben zitierte Verordnung auch folgende Regelung, wie die Kommission in solchen Fällen verfahren kann. Die Beihilfe ist zwar zunächst zulässig. Die Kommission kann jedoch trotzdem eine Entscheidung darüber treffen, dass die Regelung unionsrechtswidrig ist. Dies hätte dann ein komplexes Verfahren zur Folgen, an dessen Ende jedoch wiederum für künftige Fälle eine Unzulässigkeit der Beihilfe stehen kann. Wenn der Comfort Letter tatsächlich diesen Inhalt hat, würde sich die Kommission damit ein Hintertürchen offen halten. Sie könnte zwar gewährte Beihilfen nachträglich nicht angreifen. Es bliebe ihr jedoch unbenommen, mit Wirkung für die Zukunft Änderungen zu fordern oder ein Beihilfeverfahren einzuleiten.

KAPITEL V

VERFAHREN BEI BESTEHENDEN BEIHILFEREGELUNGEN

Artikel 17

Zusammenarbeit nach Artikel 93 Absatz 1 des Vertrags

(1) Für die Überprüfung bestehender Beihilferegelungen in Zusammenarbeit mit dem betreffenden Mitgliedstaat holt die Kommission nach Artikel 93 Absatz 1 des Vertrags bei diesem alle erforderlichen Auskünfte ein.

(2) Gelangt die Kommission zur vorläufigen Auffassung, daß eine bestehende Beihilferegelung nicht oder nicht mehr mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, so setzt sie den betreffenden Mitgliedstaat hiervon in Kenntnis und gibt ihm Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb einer Frist von einem Monat. In ordnungsgemäß begründeten Fällen kann die Kommission diese Frist verlängern.

Artikel 18

Vorschlag zweckdienlicher Maßnahmen

Gelangt die Kommission aufgrund der von dem betreffenden Mitgliedstaat nach Artikel 17 übermittelten Auskünfte zu dem Schluß, daß die bestehende Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt nicht oder nicht mehr vereinbar ist, so schlägt sie dem betreffenden Mitgliedstaat zweckdienliche Maßnahmen vor. Der Vorschlag kann insbesondere in folgendem bestehen:

a) inhaltliche Änderung der Beihilferegelung oder

b) Einführung von Verfahrensvorschriften oder

c) Abschaffung der Beihilferegelung.

Artikel 19

Rechtsfolgen eines Vorschlags zweckdienlicher Maßnahmen

(1) Wenn der betreffende Mitgliedstaat den vorgeschlagenen Maßnahmen zustimmt und die Kommission hiervon in Kenntnis setzt, hält die Kommission dies fest und unterrichtet den Mitgliedstaat hiervon. Der Mitgliedstaat ist aufgrund seiner Zustimmung verpflichtet, die zweckdienlichen Maßnahmen durchzuführen.

(2) Wenn der betreffende Mitgliedstaat den vorgeschlagenen Maßnahmen nicht zustimmt und die Kommission trotz der von dem Mitgliedstaat vorgebrachten Argumente weiterhin die Auffassung vertritt, daß diese Maßnahmen notwendig sind, so leitet sie das Verfahren nach Artikel 4 Absatz 4 ein. Die Artikel 6, 7 und 9 gelten entsprechend.

Weiterführend: Cremer in Callies/Ruffert, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2016, Art. 108 AEUV Rn. 3.

Fluch und Segen?

Im Erfordernis, die gesetzliche Regelung erneut zu verabschieden liegt auch eine Chance: Der Gesetzgeber kann bei dieser Gelegenheit auch gleich klarstellen, dass der Sanierungserlass für die Fälle bis zum 7. Februar 2017 weiter anzuwenden ist. Hierüber gab es zuletzt erbitterte Duelle zwischen Finanzverwaltung und Bundesgerichtshof. Wir hatten berichtet.

Der Comfort Letter ermöglicht, die gesetzlich schon verabschiedete Neuregelung zur Steuerfreistellung von Sanierungsgewinnen erneut zu verabschieden. Die EU-Kommission bringt mit dem Comfort Letter zum Ausdruck, dass Sie selbst nicht aktiv werden will. Es gibt jedoch keine bestandskräftige Entscheidung. Konkurrenten könnten sich bei der EU-Kommission beschweren oder Klageverfahren einleiten. Hiergegen schützt der Comfort Letter nicht. Dennoch sollte diese "offene Flanke" ein überschaubares Risiko darstellen. Der EuGH hat erst vor Kurzem letztinstanzlich und damit abschließend entschieden, dass auch die Regelung zum Erhalt von Verlustvorträgen in Sanieungssituationen (§ 8c KStG) keine verbotene Beihilfe darstellt. Auch hierüber hatten wir berichtet.

Fazit: Ein großartiger Tag für sanierungsfähige Unternehmen

Trotz der formellen Hindernisse, die es noch auszuräumen gibt. Heute ist ein großartiger Tag. Sanierungen werden in Zukunft wieder in der gewohnten eise möglich ein. Dies gilt insbesondere für Insolvenzpläne, die von der neuen Rechtssicherheit besonders profitieren werden. Zu hoffen ist, dass der Gesetzgeber das Gesetz bis zum Jahresende durch das Gesetzgebungsverfahren bringt und vielleicht gleich auch noch die Problematik der Altfälle mitlöst.

In Zukunft wird sich dann zeigen müssen, welche neuen Tücken die Neuregelung in der Praxiserprobung hervorbringt. Weitere Hintergrundinformationen finden Sie auf unserer Sonderseite zu Sanierungsgewinnen und zum Sanierungserlass.


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19. Oktober 2023 - Seite 1 von 1