ZUr Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen fordert der Deutsche Anwaltsverein (DAV) in seiner aktuellen Stellungnahme 41/2018 vom 30. August 2018 die Vertrauensschutzregelungen zum Sanierungserlass klarzustellen und den Streit zwischen BFH und BMF zu beenden.
Hintergrund
Nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) den altbewährten Sanierungserlass Anfang 2017 für verfassungswidrig erklärte, schuf der Gesetzgeber mit § 3a EStG und § 7a GewStG eine gesetzliche Regelung zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen. Zwei Problempunkte beschäftigen die Sanierungspraxis jedoch bis heute:
- Die Neuregelung tritt nach dem Gesetz erst in Kraft, wenn die EU-Kommission die beihilferechtliche Unbedenklichkeit durch Beschluss festgestellt hat. Die EU-Kommission reagierte jedoch mit einem so genannten «Comfort Letter». Dieser bestätigt zwar, dass die EU-Kommission keine Beihilfe annimmt. Es fehlt aber an der im Gesetz (zu Recht) geforderten Qualität eines rechtskräftigen Beschlusses.
- Inwieweit genießen Alt-Fälle Vertrauensschutz? Eine rückwirkende Geltung sieht das Gesetz nur für Maßnahmen nach dem 8. Februar 2017 vor. Während der BFH Vertrauensschutz wiederholt ablehnt will die Finanzverwaltung Vertrauensschutz für Altfälle gewähren und hat mit einem Vertrauensschutz-Erlass und einem Nicht-Anwendungserlassen der widersprechenden BFH-Entscheidungen reagiert.
Die Forderungen des DAV
Die Ausschüsse Insolvenzrecht und Steuerrecht des (DAV) fordern, dass der Gesetzgeber die schon verabschiedeten gesetzlichen Regelungen zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen schnellstmöglich in Kraft setzt.
Es kann damit gerechnet werden, dass das In-Kraft-Treten der Regelung in ein schon laufendes Gesetzgebungsverfahren eingebracht wird. Nahe liegt hier, dass dies mit dem Jahressteuergesetz 2018 erfolgt (zwischenzeitlich: «Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften», BT-Drs. 372/18).
Die zweite Forderung betrifft den Vertrauensschutz für Altfälle. Hierzu fordert der DAV, den Streit zwischen BFH und BMF durch eine gesetzliche Regelung zu beenden. Die Neuregelung solle auch für solceh Sanierungsfälle gelten, die vor dem 8. Februar 2017 vollzogen wurden.
Stellungnahme
Das In-Kraft-Treten gesetzlich zu regeln ist in der Tat erforderlich. Dies ergibt sich bereits zwangsläufig aus der im alten Gesetzestext gewählten Formulierung und dem nun lediglich vorliegenden Comfort Letter. Von Seiten der Finanzverwaltung ist ebenfalls zu hören, dass es keine Zweifel daran gibt, dass genau so verfahren werden soll.
Die zweite Forderung ist im Grundsatz ebenso richtig. Denn selbst der BFH erkennt das Bedürfnis nach Vertrauensschutz und die grundsätzliche Zulässigkeit einer Vertrauensschutzregelung an. Er stört sich lediglich (in einer rechtsstaatlichen Demokratie aber berechtigt) daran, dass der Verzicht auf Steuern eben nicht von der Verwaltung, sondern nur vom Gesetzgeber beschlossen werden dürfe.
Schwierig erscheint jedoch die Forderung, die Neuregelung auf Alt-Fälle zu erstrecken. Bislang und unserer Ansicht vorzugswürdig wendet die Finanzverwaltung den alten Sanierungserlass weiterhin an, wenn sie Vertrauensschutz gewährt. Die Neuregelung enthält umfassenste «Gegenfinanzierungsmaßnahmen». Sie greift in erheblicher Weise in die Dispositionsfreiheit des Steuerpflichtigen ein. Einen Altfall mit der Neuregelung zu retten, mag daher nicht unbedingt im Interesse des Steuerpflichtigen sein. Es kann zwar den Druck der Steuerlast nehmen, reißt jedoch an anderer Stelle neue Lücken auf, mit denen bei Entwicklung der Sanierungsstruktur noch nicht gerechnet werden konnte. Vorzugswürdig erscheint daher, weiterhin die Anwendung des alten Sanierungserlasses zu ermöglichen. Dies gilt insbesondere, wenn man wie der DAV darauf abstellt, dass die im berechtigten Vertrauen auf den Sanierungserlass vereinbarten Sanierungspläne Rechtssicherheit erlangen.
Angesichts der Komplexität der Regelungen gibt es aus Kreisen der Finanzverwaltung zweifelnde Stimmen, ob bzw. wie der Gesetzgeber die Geltung des (ebenfalls hochkomplexen) Sanierungserlasses kdofizieren könnte. Problematisch ist ebenfalls, dass sich das Jahressteuergesetz bereits in einem parlamantarischen Stadium befindet, in dem umfangreiche Gesetzesänderungen nicht mehr vorgesehen sind.
Einen Überblick über die jüngsten Entwicklungen hatten wir Ihnen in unserem letzten Newsletter zusammengefasst:
Brüssel billigt Sanierungserlass – keine verbotene Beihilfe
EU-Kommission billigt Sanierungerlass durch Comfort Letter Die gesetzliche Neuregelung…
Weitere Hintergrundinformationen finden Sie auf unserer Sonderseite zu Sanierungsgewinnen und zum Sanierungserlass.