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«Sanie­rungs­klau­sel» kei­ne ver­bo­te­ne Beihilfe

EU-Kommission billigt Sanierungklausel: Keine verbotene Beihilfe

Die Europäische Kommission hat nach einer am 22. Januar 2020 veröffentlichten Pressemitteilung entschieden: Die „Sanierungsklausel“, eine deutsche Steuervergünstigung für notleidende Unternehmen, ist keine staatliche Beihilfe im Sinne der EU-Vorschriften.

Grundsätzlich sind Verlustvorträge steuerlich nicht mehr nutzbar, wenn mehr als 50 % der Anteile eines Unternehmens übertragen werden (§ 8c Abs. 1 KStG). Die Sanierungsklausel (§ 8c Abs. 1a KStG) ermöglicht es einem notleidenden Unternehmen, Verluste in einem bestimmten Jahr mit Gewinnen in zukünftigen Jahren zu verrechnen, trotz Übertragung von Anteilen in schädlichem Umfang.

Die Sanierungsklausel § 8c Abs. 1a KStG

§ 8c Abs. 1a KStG lautet:

"Für die Anwendung des Absatzes 1 ist ein Beteiligungserwerb zum Zweck der Sanierung des Geschäftsbetriebs der Körperschaft unbeachtlich. Sanierung ist eine Maßnahme, die darauf gerichtet ist, die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu verhindern oder zu beseitigen und zugleich die wesentlichen Betriebsstrukturen zu erhalten. Die Erhaltung der wesentlichen Betriebsstrukturen setzt voraus, dass

1. die Körperschaft eine geschlossene Betriebsvereinbarung mit einer Arbeitsplatzregelung befolgt oder

2. die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen der Körperschaft innerhalb von fünf Jahren nach dem Beteiligungserwerb 400 Prozent der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet; § 13a Absatz 1 Satz 3 und 4 und Absatz 4 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 24. Dezember 2008 (BGBl. I S. 3018) gilt sinngemäß; oder

3. der Körperschaft durch Einlagen wesentliches Betriebsvermögen zugeführt wird. Eine wesentliche Betriebsvermögenszuführung liegt vor, wenn der Körperschaft innerhalb von zwölf Monaten nach dem Beteiligungserwerb neues Betriebsvermögen zugeführt wird, das mindestens 25 Prozent des in der Steuerbilanz zum Schluss des vorangehenden Wirtschaftsjahrs enthaltenen Aktivvermögens entspricht. Wird nur ein Anteil an der Körperschaft erworben, ist nur der entsprechende Anteil des Aktivvermögens zuzuführen. Der Erlass von Verbindlichkeiten durch den Erwerber oder eine diesem nahestehende Person steht der Zuführung neuen Betriebsvermögens gleich, soweit die Verbindlichkeiten werthaltig sind. Leistungen der Kapitalgesellschaft, die innerhalb von drei Jahren nach der Zuführung des neuen Betriebsvermögens erfolgen, mindern den Wert des zugeführten Betriebsvermögens. 6Wird dadurch die erforderliche Zuführung nicht mehr erreicht, ist Satz 1 nicht mehr anzuwenden.

Keine Sanierung liegt vor, wenn die Körperschaft ihren Geschäftsbetrieb im Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs im Wesentlichen eingestellt hat oder nach dem Beteiligungserwerb ein Branchenwechsel innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren erfolgt."

Die Begründung der Pressemitteilung

"Die Entscheidung folgt auf Urteile des Europäischen Gerichtshofs (Fälle C-203/16, C-208/16, C-209/16, C-219/16), der 2018 eine Entscheidung der Kommission über staatliche Beihilfen aus dem Jahr 2011 für nichtig erklärte. Um diese Urteile umzusetzen, hat die Kommission die Maßnahme anhand eines breiteren Bezugsrahmens bewertet, einschließlich der Vorschriften des deutschen Rechts, die es Unternehmen generell erlauben, Verluste für steuerliche Zwecke vorzutragen.

Die EU-Wettbewerbsaufsicht kam zu dem Schluss, dass die Sanierungsklausel nicht von diesen allgemeinen Regeln abweicht und daher notleidenden Unternehmen keinen selektiven Vorteil gegenüber anderen Unternehmen verschafft."

Die rückwirkende Wiedereinführung des § 8c Abs. 1a KStG

Der deutsche Gesetzgeber hatte schon mit dem Jahressteuergesetz 2018 reagiert und nach rechtskräftigem Abschluss des Gerichtsverfahrens § 8c Abs. 1a KStG rückwirkend wieder in Kraft gesetzt (§ 34 Abs. 6 Satz 3 und 4 KStG). Nach § 34 Abs. 6 Satz 4 KStG n. F. bleibt bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 8c Abs. 1a KStG ein nach dem 31.12.2007 erfolgter Beteiligungserwerb bei der Anwendung des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG n. F. unberücksichtigt.

Einschätzung

Die Entscheidung war (über)fällig. Es ist zu begrüßen, dass die EU-Kommission sich nunmehr der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs anschließt. Dies beschert die lang ersehnte Rechtssicherheit und sollte zugleich auch für die Frage der Zulässigkeit der Steuerfreiheit auf Sanierungsgewinne noch besseren "comfort" bieten als der bisherige Comfort Letter.

Hintergrundinformationen zu Sanierungsgewinnen

Weitere Hintergrundinformationen finden Sie auf unserer Sonderseite zum Rangrücktritt.


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8. Mai 2023 - Seite 1 von 1