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Bun­des­tag ver­ab­schie­det Sanie­rungs­ge­setz mit Altfallregelung

Bundestag verabschiedet die Regelung, durch die § 3a EStG, § 7b GewStG (Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen) in Kraft gesetzt werden

Feuerwehrmann löscht BrandSanierungsgewinne sollen durch § 3a EStG und § 7b GewStG wieder steuerfrei werden. Nach dem die EU-Kommission durch einen Comfort Letter Ihr "ok" gegeben hat, ist nun der Gesetzgeber am Zug (wir hatten berichtet). Die ursprüngliche Regelung sah vor, dass das Gesetz erst in Kraft tritt, wenn ein förmlicher Beschluss ergeht. Der Comfort Letter aus Brüssel erfüllt diese Voraussetzung nicht.

Bundestag beschließt In-Kraft-Treten

Der Gesetzgeber hat das In-Kraft-Treten im Jahressteuergesetz 2018 geregelt, welches den sperrigen Namen "Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften" trägt (BT-Drs. 19/5595). Dabei hat er Artikel 19 "Inkraftsetzung der Steuerbefreiung für Sanierungserträge" noch einmal umformuliert:

"Die Artikel 2 und 3 Nummer 1 bis 4 sowie Artikel 4 Nummer 1 bis 3 Buchstabe a des Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) treten am Tag nach der Verkündung des Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) in Kraft. Artikel 6 Absatz 2 des Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) wird aufgehoben"

Die Regelung klingt erst einmal kompliziert. Die Daten zum In-Kraft-Treten beziehen sich aber auf das ursprüngliche Artikel-Gesetz. Inhaltlich gilt die Neuregelung für alle Sanierungsgewinne nach dem 8. Februar 2018. Dies regelt § 52 Abs. 4 EStG-neu:

„(4a) § 3a in der Fassung des Artikels … des Gesetzes vom … BGBl. I S. …) [einsetzen: Ausfertigungsdatum und Fundstelle des vorliegenden Änderungsgesetzes] ist erstmals in den Fällen anzuwenden, in denen die Schulden ganz oder teilweise nach dem 8. Februar 2017 erlassen wurden. Satz 1 gilt bei einem Schuldenerlass nach dem 8. Februar 2017 nicht, wenn dem Steuerpflichtigen auf Antrag Billigkeitsmaßnahmen aus Gründen des Vertrauensschutzes für einen Sanierungsertrag auf Grundlage von § 163 Absatz 1 Satz 2 und den §§ 222, 227 der Abgabenordnung zu gewähren sind.“

Für die Gewerbesteuer regelt § 36 Abs. 2c dies entsprechend. Den vollständigen Wortlaut der Neuregelung finden Sie auf unserer Seite Gesetzliche Regelungen zu Sanierungsgewinnen.

Die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (Bt-Drs. 19/5595 vom 7. November 2018) begründet dies wie folgt:

Artikel 2 und 3 Nummer 1 bis 4 sowie Artikel 4 Nummer 1 bis 3 Buchstabe a des Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) Durch Artikel 19 werden die Artikel 2, 3 Nummer 1 bis 4 und Artikel 4 Nummer 1 bis 3 Buchstabe a des Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) in Kraft gesetzt. Die Generaldirektion Wettbewerb der Kommission hat die Regelung geprüft und mitgeteilt, dass sie mit Blick auf die bisherige einkommen-, körperschaft- und gewerbesteuerrechtliche Behandlung von Sanierungserträgen in der Anwendungspraxis zu dem Ergebnis gekommen ist, dass für die Steuerbefreiung von Sanierungserträgen unbeschadet bestimmter formaler und administrativer Änderungen bei der steuerrechtlichen Behandlung von Sanierungserträgen unter dem Gesichtspunkt der bestehenden Maßnahme keine Notifizierungspflicht besteht. Diese Regelung kann daher aus beihilferechtlicher Sicht ohne ein Notifizierungsverfahren durchgeführt werden. Die Steuerbefreiung für Sanierungserträge (§ 3a EStG, § 7b GewStG) kann zum 5. Juli 2017, d. h. dem nach Artikel 6 Absatz 1 des Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) für dieses Gesetz grundsätzlich vorgesehenen Inkrafttretenszeitpunkt (Tag nach der Verkündung) nunmehr in Kraft gesetzt werden.

Die entsprechende Stellungnahme des Bundesrates finden Sie hier: (Bundesrat, Drucksache 372/18 vom 21. September 2018 (Seite 37 ff.))

Optionale Altfallregelung für Sanierungsgewinne

Der Bundestrat hatte den Gesetzgeber gebeten, die Möglichkeit einer Alt-Fallregelung für Besteuerungsfälle zu prüfen, in denen der Schuldenerlass bis zum 8. Februar 2017 ausgesprochen oder in denen bis zu diesem Stichtag eine verbindliche Auskunft erteilt wurde.

Die Finanzverwaltung hatte zwar durch entsprechende Verwaltungsanweisungen Vertrauensschutz zugesagt. Der Bundesfinanzhof hat jedoch in einer ganzen Reihe von Urteilen sowohl diese Vertrauensschutzregelung als auch den danach ergangenen Nicht-Anwendungserlass zu seinen Urteilen für unwirksam erklärt. Gerichte dürfen / werden faktisch den (alten) Sanierungserlass nicht berücksichtigen (wir hatten auch hierzu ausführlich berichtet).

Nachdem die Bundesregierung in Ihrer Stellungnahme eine Prüfung zugesagt hatte, hat der Finanzausschuss in letzter Minute eine Regelung für Altfälle eingefügt.

§ 52 Abs. 4a EStG wird folgender Satz angefügt:

„Auf Antrag des Steuerpflichtigen ist § 3a auch in den Fällen anzuwenden, in denen die Schulden vor dem 9. Februar 2017 erlassen wurden.“

§ 52 Abs. 5 EStG wird folgender Satz angefügt:

„§ 3c Absatz 4 ist auch in den Fällen anzuwenden, in denen dem Steuerpflichtigen die Steuerbefreiung des § 3a auf Grund eines Antrags nach Absatz 4a Satz 3 gewährt wird.“

Ergänzt werden die Regelungen durch einen entsprechenden Verweis in den Anwendungsregelungen zum Körperschaftsteuergesetz. Nach § 34 Abs. 3a KStG wird folgender Absatz 3b eingefügt:

„(3b) § 8 Absatz 8 Satz 6, § 8 Absatz 9 Satz 9, § 8c Absatz 2, § 8d Absatz 1 Satz 9, § 15 Satz 1 Nummer 1 Satz 2 und 3 und § 15 Satz 1 Nummer 1a in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) sind auch für Veranlagungszeiträume vor 2017 anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige einen Antrag nach § 52 Absatz 4a Satz 3 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Artikels … des Gesetzes vom … (BGBl. I S. …) [einsetzen: Ausfertigungsdatum und Fundstelle des vorliegenden Änderungsgesetzes] stellt.“

Ebenfalls angepasst wird die Anwendungsvorschrift im Gewerbesteuergesetz. Dem § 36 Abs. 2c GewStGwird folgender Satz angefügt:

„Auf Antrag des Steuerpflichtigen ist § 7b auch in den Fällen anzuwenden, in denen die Schulden vor dem 9. Februar 2017 erlassen wurden.“

Dazu heißt es in der Begründung des Finanzausschusses:

§ 52 Absatz 4a Satz 3 EStG – neu –
Durch die Ergänzung von § 52 Absatz 4a EStG ist die Steuerbefreiung für Sanierungserträge (§ 3a EStG) auf Antrag des Steuerpflichtigen auch in den Fällen anzuwenden, in denen der Schuldenerlass vor dem 9. Februar 2017 stattgefunden hat (sog. Altfälle). Damit ist für die betroffenen Steuerpflichtigen auch in Altfällen ausreichende Rechtssicherheit und die Eröffnung des Rechtsweges bei Ablehnung der Annahme eines begünstigten Sanierungsertrages durch die Finanzverwaltung gegeben.
§ 52 Absatz 5 Satz 4 EStG– neu –
Durch die Ergänzung von § 52 Absatz 5 EStG wird sichergestellt, dass auch in den Fällen, in denen der Steuer-pflichtige die Steuerbefreiung des § 3a EStG in einem sog. Altfall beantragt, das Betriebsausgabenabzugsverbot des § 3c Absatz 4 EStG anzuwenden ist.
§ 34 Absatz 3b KStG – neu –
Folgeänderung aus § 52 Absatz 4a Satz 3 EStG. Die Anwendung des § 3a EStG wird im Körperschaftsteuergesetz in Fällen eines Betriebes gewerblicher Art, einer Eigengesellschaft, der Verlustregelungen und der Organschaft angepasst. Die Regelung stellt sicher, dass dies auch dann berücksichtigt wird, wenn der Steuerpflichtige in sog. Altfällen die Anwendung des § 3a EStG beantragt.
§ 36 Absatz 2c Satz 3 GewStG – neu –
Durch die Ergänzung von § 36 Absatz 2c GewStG ist die Steuerbefreiung für Sanierungserträge (§ 7b GewStG) auch für Zwecke der Gewerbesteuer auf Antrag des Steuerpflichtigen in den Fällen anzuwenden, in denen der Schuldenerlass vor dem 9. Februar 2017 stattgefunden hat (sog. Altfälle). Hierbei handelt es sich um ein eigen-ständiges gewerbesteuerliches Antragsrecht. Damit ist für die betroffenen Steuerpflichtigen auch in Altfällen aus-reichende Rechtssicherheit, insbesondere bei Beschreitung des Rechtsweges bei Ablehnung der Annahme eines begünstigten Sanierungsertrages durch die Finanzverwaltung, gegeben.

Stellungnahme zum Gesetzentwurf

Die Steuerfreiheit für Sanierungsgewinne (für alle Maßnahmen nach dem 8. Februar 2017) ist so gut wie da! Zwar muss der Bundesrat dem Gesetz noch zustimmen. Dies ist jedoch trotz kontroverser politischer Diskussionen zu anderen Bestandteilen des Gesetzes (unter anderem zur Dienstwagenbesteuerung) zu erwarten. Das ist die lang erhoffte, gute Nachricht.

Die neu eingefügte Altfall-Regelung stellt den Steuerpflichtigen vor die Wahl:

  • Er kann die Neuregelung in Anspruch nehmen,
  • trotz großer rechtlicher Bedenken auf den von der Finanzverwaltung zugesagten Vertrauensschutz hoffen oder
  • oder wie bislang die Entstehung von Sanierungsgewinnen durch entsprechende Maßnahmen vermeiden.

Künftig werden Steuerpflichtige damit wirtschaftlich abwägen müssen, welcher Weg für Sie der günstigste ist. Dies gilt in gewissem Maße auch für Fälle, in denen die Sanierungsgewinne nach dem 8. Februar 2017 entstehen. Denn die neue Regelung greift nur, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt werden. Es ist derzeit noch offen, ob es der Steuerpflichtige in der Hand hat, durch schlichtes Nicht-Nachweisen der Voraussetzungen die Nicht-Anwendung der Regelung zu erreichen.

Ihr

Raoul Kreide

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Sanierungsgewinne

Com­fort Let­ter zu Sanie­rungs­ge­win­nen und Sanierungserlass

Wortlaut des Comfort Letters zu Sanierungsgewinnen bestätigt

Sanierungsgewinne

Uns liegt der Comfort Letter der EU-Kommission zur Besteuerung von Sanierungsgewinnen vor. Daher können wir aus erster Hand bestätigen, was im Wesentlichen auch schon bekannt war:

1. Es gibt ihn! Die GD Wettbewerb der Europäischen Kommission hat ihn mit Datum vom 31. Juli 2018 an die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der Europäischen Union übersandt.

2. Es handelt sich um eine "Alt-Beihilfe". Die EU-Kommission formuliert allerdings etwas indirekter: Falls es eine Beihilfe ist, dann dürfte es eine "bestehende Beihilfe im Sinne des Artikels 1 Buchstabe b Ziffer i der Verfahrensverordnung für staatliche Beihilfen" (Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABL. L 248 vom 24. September 2015, Seite 9) sein.

3. Als Alt-Beihilfe muss die Neuregelung der Sanierungsgewinne (§ 3a EstG, § 7b GewStG) nicht nach Artikel 108 AEUV bei der Kommission angemeldet werden und kann durchgeführt werden.

Unsere erste Analyse zum Comfort Letter kurz nach desssen Bekanntwerden finden Sie hier: Sanierungserlass – Brüssel billigt Steuerfreiheit auf Sanierungsgewinne Dort finden Sie auch eine kurze Erklärung, welche Qualität ein "Comfort Letter" überhaupt hat.

Der Gesetzgeber ist aktuell dabei, die Regelung in Kraft zu setzen. Daneben hatte der Bundesrat um Prüfung gebeten, ob eine gesetzliche Regelung für Alt-Fälle aufgenommen werden kann. Informationen zum aktuellen Gesetzgebungsverfahren: Sanierungsgewinne – Gesetz kommt – Bundesrat schlägt Regelung für Altfälle vor

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Sanierungsgewinne Feuer und Wasser

Sanie­rungs­ge­win­ne – Gesetz kommt – Bun­des­rat schlägt Rege­lung für Alt­fäl­le vor

Comfort Letter macht Gesetzesänderung zu Sanierungsgewinnen erforderlich

Feuerwehrmann löscht BrandSanierungsgewinne sollen wieder steuerfrei werden. Nach dem die EU-Kommission durch einen Comfort Letter Ihr "ok" gegeben hat, ist nun der Gesetzgeber am Zug (wir hatten berichtet). Denn der schon verabschiedete Gesetzentwurf sollte nach der ursprünglichen Gesetzesfassung erst in Kraft treten, wenn ein förmlicher Beschluss ergeht. Der Comfort Letter aus Brüssel erfüllt diese Voraussetzung nicht.

In-Kraft-Treten des Gesetzes über Sanierungsgewinne jetzt im Gesetzgebungsverfahren

Der Gesetzgeber wird daher schnellstmöglich Abhilfe schaffen. In seiner Sitzung vom 21. September 2018 hat der Bundesrat nun eine entsprechende Regelung ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht:

"In Artikel 6 des Gesetzes über schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen vom 27. Juni 2017, BGBl. I S. 2074, ist Absatz 2 aufzuheben."

Wenn der genannte Artikel aufgehoben wird, tritt das 2017 bereits verabschiedete Gesetz automatisch in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt gelten die Vorschriften (§ 3a EStG, § 7a GewStG) mit Rückwirkung ab dem 8. Februar 2017.

Der Bundesrat begründet dies wie folgt:

Das Inkrafttreten der Neuregelung der Steuerbefreiung von Sanierungs-gewinnen durch § 3a des Einkommensteuergesetzes und die zugehörigen weiteren Regelungen ist nach Artikel 6 Absatz 2 des Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen von einem (gesondert bekanntzumachenden) förmlichen Beschluss der EU-Kommission abhängig. Die EU-Kommission hat jedoch einen solchen Beschluss nicht gefasst, sondern ihre Auffassung in einem „comfort letter“ mitgeteilt. Es ist daher notwendig, die bisherige Inkrafttretensregelung aufzuheben und die Vorschrift unmittelbar in Kraft zu setzen, damit Unternehmenssanierungen auf eine gesicherte Rechtsgrundlage über die steuerlichen Folgen von Schulderlassen aufbauen können.

Die entsprechende Stellungnahme des Bundesrates finden Sie hier: (Bundesrat, Drucksache 372/18 vom 21. September 2018 (Seite 37 ff.))

Altfallregelung für Sanierungsgewinne

Der Gesetzentwurf enthält noch eine weitere frohe Botschaft. Und zwar im Hinblick auf Alt-Fälle, zu denen nach wie vor hohe Rechtsunsicherheit herrscht:

Der Bundesrat bittet zu prüfen, ob eine Rechtsgrundlage für Besteuerungsfälle von Sanierungserträgen geschaffen werden kann, in denen der Schuldenerlass bis zum 8. Februar 2017 ausgesprochen oder in denen bis zu diesem Stichtag eine verbindliche Auskunft erteilt wurde.

Die Finanzverwaltung hatte zwar durch entsprechende Verwaltungsanweisungen Vertrauensschutz zugesagt. Der Bundesfinanzhof hat jedoch in einer ganzen Reihe von Urteilen sowohl diese Vertrauensschutzregelung als auch den danach ergangenen Nicht-Anwendungserlass zu seinen Urteilen für unwirksam erklärt. Gerichte dürfen / werden faktisch den (alten) Sanierungserlass nicht berücksichtigen (wir hatten auch hierzu ausführlich berichtet).

Der Bundesrat führt zu seinem Vorschlag aus:

Nachdem der Große Senat des BFH mit Beschluss vom 28. November 2016 (GrS 1/15, BStBI 2017 II S. 393) den Sanierungserlass der Finanzverwaltung vom 27. März 2003 (BStBl I S. 240) aufgehoben hat, wurde im Rahmen des Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen eine gesetzliche Neuregelung zur Besteuerung von Sanierungserträgen beschlossen. Anzuwenden ist die Neuregelung erstmals in den Fällen, in denen die Schulden ganz oder teilweise nach dem 8. Februar 2017 erlassen wurden.

Mit Schreiben des BMF vom 27. April 2017 (BStBI I S. 741) hat die Finanzverwaltung Vertrauensschutz für Fälle gewährt, in denen bis zum 8. Februar 2017 der Forderungsverzicht der Gläubiger erklärt oder eine verbindliche Auskunft bzw. Zusage zur Anwendung des Sanierungserlasses erteilt wurde.

Der BFH hat jedoch mit Urteilen vom 23. August 2017 (I R 52/14 und X R 38/15) auch dieses BMF-Schreiben als mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nicht vereinbar verworfen. Es besteht damit trotz des Nichtanwendungserlasses vom 29. März 2018 (BStBl I S. 588) keine gesicherte Rechtsgrundlage für Sanierungsfälle, die bis zum 8. Februar 2017 vollzogen wurden. Damit werden Unternehmenssanierungen gefährdet. Sowohl die betroffenen Unternehmen und Insolvenzverwalter als auch die Finanzverwaltung bedürfen der Rechtssicherheit.

Stellungnahme zum Gesetzentwurf

Die beste Nachricht steckt ganz unscheinbar in der Begründung des Bundesrates: Es gibt einen Comfort Letter! Bislang wurde dies kolportiert und dem Hörensagen nach berichtet. Aber keiner hatte ihn je gesehen. Nun gibt es ein offizielles Dokument des Gesetzgebers, in dem die Existenz und der Inhalt des Comfort Letters bestätigt wird.

Damit verbunden ist die weitere Nachricht, dass der Comfort Letter keine weiteren Auflagen oder Nebenbedingungen stellen dürfte. Denn der Bundesrat spricht davon, dass das Gesetz "wie es ist bzw. war" in Kraft treten kann. Hätte der Comfort Letter bestimmte Auflagen enthalten, so hätte der Gesetzgeber dies nun im Gesetzgebungsverfahren aufgreifen müssen.

Schließlich: es gibt immer noch Diskussionen, ob der Comfort Letter ausreichende Rechtssicherheit bietet. Wir haben aus Kreisen der Finanzverwaltung gehört, das man dort von hinreichender Rechtssicherheit ausgeht. Dennoch könnte ein Gericht die neuen Vorschriften dem EuGH zu Entscheidung vorlegen. In einem solchen (auch unserer Ansicht nach eher unwahrscheinlichen Fall) kann sich der Steuerpflichtige in Zukunft aber auch auf den Gesetzgeber und das Vertrauen in dessen Regelung berufen, der hier geschrieben hat: "damit Unternehmenssanierungen auf eine gesicherte Rechtsgrundlage über die steuerlichen Folgen von Schulderlassen aufbauen können."

Der Vorstoß des Bundesrates, Rechtssicherheit für Altfälle herzustellen, ist ebenfalls uneingeschränkt zu begrüßen. In der Sache sind sich alle einig. Der Gesetzgeber hatte ja im damaligen Gesetzgebungsverfahren unter Hinweis auf den schon durch die Verwaltung gewährten Vertrauensschutz nur deswegen auf eine gesetzliche Regelung verzichtet, weil er dachte, diese Regelung wäre ausreichend. Die "Zurechtweisung" durch den Bundesfinanzhof ist in der Sache sicherlich richtig. Die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ist in einer gelebten Demokratie ein hohes Gut, das es zu schützen gilt. Dennoch sorgt diese Fehleinschätzung bis heute für hohe Verunsicherung und ist dringend, jetzt auf dem verfassungsrechtlich richtigen Wege, zu korrigieren.

Ein guter Tag für Sanierer!
Ihr

Raoul Kreide

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BFH Sanierungsgewinne neue Runde

BFH zu Sanie­rungs­ge­win­nen: Wei­ter Streit um die Übergangsregelungen

Ein bemerkenswerter Streit findet gerade zwischen der Finanzverwaltung und dem Bundesfinanzhof (BFH) statt. Der Sanierungserlass ist verfassungswidrig. Die Übergangsregelungen ebenso, entschied der Bundesfinanzhof im August 2017. Die Finanzverwaltung reagierte darauf mit einem Nichtanwendungserlass. Mit dem am 13. Juni 2018 veröffentlichten Beschluss vom 16. April 2018 hat der BFH erneut dagegen gehalten:

Das neue Sanierungsurteil: Die Leitsätze

"Die im BMF-Schreiben vom 27. April 2017 (BStBl I 2017, 741) vorgesehene weitere Anwendung des sog. Sanierungserlasses auf Altfälle ist aufgrund des Fehlens einer entsprechenden gesetzlichen Übergangsregelung mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nicht vereinbar (Bestätigung der bisherigen BFH-Rechtsprechung; vgl. Urteile vom 23. August 2017, I R 52/14, BStBl II 2018, 232, und BFH, X R 38/15, BStBl II 2018, 236)."

"Die Wiederholung der Verwaltungsauffassung durch das BMF-Schreiben vom 29. März 2018 (BStBl I 2018, 588) ändert daran nichts."

Den Volltext finden Sie auf der Homepage des Bundesfinanzhofs: BFH, Beschluss vom 16.04.2018 (link).

Warum ist der Beschluss bemerkenswert?

  • Die Urteile vom 23. August 2017 hatte die Finanzverwaltung mit einem Nichtanwendungserlass belegt (BMF-Schreiben vom 29. März 2018).
  • Der BFH bleibt seiner strengen Argumentation treu: Nur der Gesetzgeber darf darüber entscheiden, ob der Staat auf Steuern verzichtet. Dies ist im Grundsatz richtig. Der Nichtanwendungserlass bemüht jedoch mehrere Argumente, um die stillschweigende Billigung oder sogar ein "Sich-zu-Eigen-machen" des Übergangserlasses durch den Gesetzgeber zu rechtfertigen. Dem Widerspricht der BFH mit einer lapidaren Feststellung: "Die Wiederholung der Verwaltungsauffassung ... ändert daran nichts."
  • Der BFH hat den zu Grunde liegenden Rechtsstreit gezielt gesucht, um extrem schnell auf den Nichtanwendungserlass reagieren zu können. Das vorinstanzliche Urteil wurde erst am 18. Dezember 2017 gesprochen. Es fand seinen Weg zum BFH dann Anfang 2018, wie auch das Aktenzeichen zeigt. Die Entscheidung innerhalb von dre. maximal vier Monaten zeigt, dass der BFH hier ein Ausrufezeichen setzen wollte.

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Sanie­rungs­ge­win­ne: Wann ent­schei­det Brüssel?

Sanierungsgewinne sind derzeit die größten Sorgenkinder der Sanierungsbranche. Nachdem der BFH den Sanierungserlass für verfassungswidrig erklärte, schuf der Gesetzgeber mit § 3a EStG züzig eine gesetzliche Neuregelung. Diese tritt jedoch erst in Kraft, wenn die EU-Kommission die beihilferechtliche Unbedenklichkeit bescheinigt. Das Gesetzgebungsverfahren war bereits im Juni 2017 abgeschlossen worden.

Was ist seitdem passiert?

Der Abgeordnete Christoph Meyer stellte der Bundesregierung folgende Frage:

Wie ist der aktuelle Sachstand zum Notifizierungsverfahren bei der Europäischen Kommission hinsichtlich des durch das Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen eingeführten § 3a des Einkommensteuergesetzes, der eine Steuerbefreiung von Sanierungserträgen vorsieht (bitte die Gründe für die Verzögerung nennen), und wann, sofern zutreffend, hat die Zwei-Monats-Frist im Notifizierungsverfahren begonnen?

Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Michael Meister vom 8. März 2018

Die Bundesregierung hat das beihilferechtliche Notifizierungsverfahren zu § 3a EStG, der eine Steuerbefreiung von Sanierungserträgen vorsieht, zeitnah bei der Europäischen Kommission eingeleitet. Wegen wiederholter Nachfragen der Europäischen Kommission an die Bundesregierung zum Regelungsgehalt des neuen § 3a EStG konnte die beihilferechtliche Überprüfung durch die Europäische Kommission noch nicht abgeschlossen werden. Die Zwei-Monats-Frist beginnt erst zu laufen, wenn die Kommission alle Informationen erhalten hat, die nach ihrer Ansicht für die Notifizierung erforderlich sind.

Diese offizielle Aussage können Sie in der hier verlinkten Bundestagsdrucksache 19/1126 "Schriftliche Fragen mit den in der Woche vom 5. März 2018 eingegangenen Antworten der Bundesregierung" vom 9. März 2018 (Seite 41 f.) nachlesen.

Einschätzung: Wie geht es mit den Sanierungsgewinnen weiter?

Erfreulich ist, dass nun eine offizielle Stellungnahme vorliegt. Diese bestätigt, was auch in den Tagen und Wochen zuvor schon aus Berlin zu hören war. Der Inhalt ist ernüchternd. Kurz nach Verabschiedung des Gesetzes waren die Beteiligten noch äußerst zuversichtlich, dass Brüssel den neuen § 3a EStG schnell "durchwinken" würde.

Dies ist nicht der Fall. Wenn von "wiederholten Nachfragen" darf man sicherlich davon ausgehen, dass dies nicht an schlecht vorbereiteten Antworten lag. Dafür nehmen die Beteiligten im Ministerium das Thema viel zu ernst. Es scheint also so zu sein, dass die EU-Kommission grundsätzliche Bedenken gegen eine Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen hat.

Man wird wohl zunächst von einer noch länger andauernden Beratungszeit ausgehen müssen. Leider bleibt die Rechtsunsicherheit damit vorerst weiter bestehen. Das gilt bedauerlicherweise auch für die Übergangsregelungen im BMF-Schreiben vom 27. April 2017, die der Bundesfinanzhof im August ebenfalls als verfassungswidrig bezeichnet hat (siehe hierzu unseren Blogbeitrag). Zumindest hat die Finanzverwaltung hierauf mit einem Nichtanwendungserlass reagiert (wir hatten berichtet). Auch allgemein haben wir in der Praxis den Eindruck, dass die Finanzverwaltung bemüht ist, im Rahmen ihrer Möglichkeiten an sinnvollen Lösungen mitzuwirken.

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27. September 2023 - Seite 1 von 1