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EuGH § 8c Abs. 1a KStG kei­ne ver­bo­te­ne Beihilfe!

Es ist die lang erhoffte Sensation. Der EuGH hat die EU-Kommission in die Schranken gewiesen: Die Sanierungsklausel § 8c Abs. 1a KStG stellt keine verbotene Beihilfe dar!
Der Fall ist altbekannt. "Heitkamp Bauholding" - hier hat sich die Hartnäckigkeit des Insolvenzverwalters Dr. Dirk Andres ausgezahlt.

Hintergrund: Mantelkauf

Früher konnte man GmbH-Mäntel mit hohen Verlustvorträge erwerben und mit einem neuen Geschäftsbetrieb ausstatten. Dies führte dazu, dass Gewinne zunächst verrechnet wurden und keine Steuern zu zahlen waren. Diesen so genannten "Mantelkäufen" hat der Gesetzgeber mit § 8c KStG den Boden entzogen.

Seitedem gilt: Werden innerhalb von 5 Jahren mehr als 25 % der Anteile übertragen, gehen die Verlustvorträge in der Höhe des prozentualen Anteilsübergangs unter (37 % Anteilsübergang reduziert die Verlustvorträge also um 37 %). Werden aber mehr als 50 % übertragen, gehen die Verlustvorträge vollständig unter. Übertragungen bis zu 25 % sind unschädlich.

Nun ist die Beteiligung eines neuen Investors eine klassische Sanierungsmaßnahme. Ebenso sorgt die weitere Nutzbarkeit von Verlustvorträgen oftmals dafür, dass es in Sanierungsfällen überhaupt einen Käufer gibt, der das Unternehmen erwerben will. Daher schuf der Gesetzgeber mit § 8c Abs. 1a KStG eine spezielle Sanierungsklausel:

Für die Anwendung des Absatzes 1 ist ein Beteiligungserwerb zum Zweck der Sanierung des Geschäftsbetriebs der Körperschaft unbeachtlich. Sanierung ist eine Maßnahme, die darauf gerichtet ist, die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu verhindern oder zu beseitigen und zugleich die wesentlichen Betriebsstrukturen zu erhalten.

Die Erhaltung der wesentlichen Betriebsstrukturen setzt voraus, dass

1. die Körperschaft eine geschlossene Betriebsvereinbarung mit einer Arbeitsplatzregelung befolgt oder
2. die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen der Körperschaft innerhalb von fünf Jahren nach dem Beteiligungserwerb 400 Prozent der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet; § 13a Absatz 1 Satz 3 und 4 und Absatz 4 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes gilt sinngemäß; oder
3. der Körperschaft durch Einlagen wesentliches Betriebsvermögen zugeführt wird. Eine wesentliche Betriebsvermögenszuführung liegt vor, wenn der Körperschaft innerhalb von zwölf Monaten nach dem Beteiligungserwerb neues Betriebsvermögen zugeführt wird, das mindestens 25 Prozent des in der Steuerbilanz zum Schluss des vorangehenden Wirtschaftsjahrs enthaltenen Aktivvermögens entspricht. Wird nur ein Anteil an der Körperschaft erworben, ist nur der entsprechende Anteil des Aktivvermögens zuzuführen. Der Erlass von Verbindlichkeiten durch den Erwerber oder eine diesem nahestehende Person steht der Zuführung neuen Betriebsvermögens gleich, soweit die Verbindlichkeiten werthaltig sind. Leistungen der Kapitalgesellschaft, die innerhalb von drei Jahren nach der Zuführung des neuen Betriebsvermögens erfolgen, mindern den Wert des zugeführten Betriebsvermögens. Wird dadurch die erforderliche Zuführung nicht mehr erreicht, ist Satz 1 nicht mehr anzuwenden.

Keine Sanierung liegt vor, wenn die Körperschaft ihren Geschäftsbetrieb im Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs im Wesentlichen eingestellt hat oder nach dem Beteiligungserwerb ein Branchenwechsel innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren erfolgt.

Die Vorgeschichte

Am 26. Januar 2011 hatte die EU-Kommission beschlossen, dass § 8c Abs. 1a KStG nicht mit Art. 107, 108 Abs. 2 AEUV vereinbar sei. Es handele sich um eine verbotene Beihilfe (Beschluss der Kommission vom 26.1.2011 über die staatliche Beihilfe Deutschlands, C 7/2010 (ex CP 250/2009 und NN 5/2010), "KStG, Sanierungsklausel"). Die entscheidende Begründung findet sich in Randziffer 22:

Nach § 8c (1) KStG kann ein Unternehmen keinen Verlustvortrag vornehmen, wenn mehr als die Hälfte der Anteile übertragen werden, es sei denn, die Sanierungsklausel ist anwendbar. Somit besagt die allgemeine Regel, dass bei einem wesentlichen Anteilseignerwechsel der Verlustvortrag untergeht. Die bestehende Sanierungsklausel ist daher die Ausnahme zur allgemeinen Regel.

Im Beihilfeverfahren wies die Bundesrepublik Deutschland unter anderem darauf hin, dass § 8c Abs. 1a KStG eine allgemeine Maßnahme sei. Sie kann von allen Unternehmen unabhängig von deren Zugehörigkeit zu einer bestimmten Region, einem Produktionszweig oder Unternehmensgröße genutzt werden. Potentiell kann jedes Unternehmen ohne eigenen Einfluss in finanzielle Schwierigkeiten geraten und damit für die Anwendung der Regelung in Betracht kommen. Die Folge: "Fehlende Selektivität". Eine unzulässige Beihilfe liegt nämlich nur dann vor, wenn ein Staat bestimmte Unternehmen gegenüber anderen Unternehmen bevorzugt und somit Einfluss auf das freie Spiel der Marktkräfte nimmt. Dies ergibt sich aus Art. 107 AEUV:

Soweit in den Verträgen nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

Der weitere Fortgang ist bekannt: Die Klage der Bundesrepublik Deutschland wurde einen Tag zu spät erhoben und war damit unzulässig. Dennoch hatten mehrere Unternehmen geklagt. Denn bei einer unzulässigen Beihilfe ist der Staat verpflichtet, diese rückgängig zu machen. Dabei gilt das Prinzip des "effet utile": Weder eine verbindliche Auskunft, noch Bestandskraft, Verjährung oder Vertrauen in größtmöglicher Form können verhindern, dass der erlangte Vorteil rückgängig gemacht werden muss.

Im Jahr 2016 kam es dann zu ersten Urteilen des "Gerichts der Europäischen Union" (EuG), der ersten Instanz der europäischen Gerichtsbarkeit. Die Unternehmen verloren ihre Klagen. Die Sichtweite der EU-Kommission wurde bestätigt: Es ist eine selektive Bevorzugung derjenigen Unternehmen, die in eine Krise geraten.

Die Entscheidung des EuGH: § 8c Abs. 1a KStG keine verbotene Beihilfe!

Die Entscheidung hatte sich angekündigt, denn der Generalanwalt war in seiner empfehlenden Stellungnahme ebenfalls davon ausgegangen, dass keine verbotene Beihilfe gegeben sei. Wir hatten hierzu am 18. Feburar 2018 berichtet.

Die Leitsätze 2 und 3 des Urteils (EuGH (Zweite Kammer), Urteil vom 28. Juni 2018, C-203/16 P):

2. Die Nrn. 2 und 3 des Tenors des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 4. Februar 2016, Heitkamp BauHolding/Kommission (T‑287/11, EU:T:2016:60), werden aufgehoben.

3. Der Beschluss 2011/527/EU der Kommission vom 26. Januar 2011 über die staatliche Beihilfe Deutschlands C 7/10 (ex CP 250/09 und NN 5/10) „KStG, Sanierungsklausel“ wird für nichtig erklärt.

Die entscheidenden Punkte aus den Urteilsgründen:

Rz. 103: Wie auch der Generalanwalt in Nr. 109 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, geht jedoch aus der in den Rn. 90 bis 93 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass die Selektivität einer steuerlichen Maßnahme anhand eines Referenzsystems, das aus einigen Bestimmungen besteht, die aus einem breiteren rechtlichen Rahmen künstlich herausgelöst wurden, nicht zutreffend beurteilt werden kann. Durch den Ausschluss der allgemeinen Regel des Verlustvortrags von dem im vorliegenden Fall maßgebenden Referenzsystem hat das Gericht somit dieses System offensichtlich zu eng definiert.

Rz. 106: Nach alledem ist der erste Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes von HBH begründet, ohne dass insoweit die übrige zu seiner Stützung vorgebrachte Argumentation geprüft zu werden braucht. Ferner ist festzustellen, dass das Gericht auf der Grundlage seiner rechtsfehlerhaften Würdigung, wonach die Kommission mit ihrer Feststellung, dass das im vorliegenden Fall für die Beurteilung des selektiven Charakters der streitigen Maßnahme maßgebende Referenzsystem allein aus der Regel des Verfalls von Verlusten bestehe, keinen Fehler begangen habe, das weitere Vorbringen von HBH geprüft hat, mit dem zum einen das Fehlen eines prima facie selektiven Charakters der streitigen Maßnahme und zum anderen ihre Rechtfertigung mit der Natur und dem Aufbau des Steuersystems dargetan werden sollte.

Ausblick und Einschätzung

Das Urteil ist eine Sensation. Zum einen herrscht nach vielen Jahren der Rechtsunsicherheit nun endlich Gewissheit. Allerdings wird man sich erst einmal wieder auf die nun wieder möglichen Maßnahmen einstellen müssen. § 8c Abs. 1a KStG steht noch im Gesetz. § 34 Abs. 6 KStG hatte nur seine Anwendbarkeit ausgesetzt. Diese Aussetzung erlischt mit Rechtskraft der EuGH-Entscheidung. § 8c Abs. 1a KStG kann dann auf alle noch nicht bestandskräftigen Sachverhalte angewendet werden. Hier gilt das "effet utile"-Prinzip leider nicht zugunsten des Steuerpflichtigen. Wer versäumt hat, seinen Fall offen zu halten, geht leer aus.

Spannend wird aber auch, wie sich dieses Urteil auf die weitere Beihilfe-Diskussion auswirken wird. So steht die gesetzliche Regelung zur Kodifizierung des Sanierungserlasses unter dem Vorbehalt der beihilferechtlichen Freigabe. Hier gibt es ähnliche Fragen. Es ist zu hoffen, dass dies den ersehenten Durchbruch bringt. Denn zuletzt schwanden die Hoffnungen auf eine Freigabe aus Brüssel zusehends.

Quellen

Die Regelung, um die es hier geht ist § 8c Abs. 1a KStG. Die Anwendungsregelung finden Sie in § 34 Abs. 6 KStG.

Das Urteil im Volltext finden Sie auf der Internetseite "Curia" des Europäischen Gerichtshofs: EuGH (Zweite Kammer), Urteil vom 28. Juni 2018, C-203/16 P

Dem zugrunde liegen die Schlussanträge des Generalanwalts Nils Wahl vom vom 20. Dezember 2017(1).

Verfügbar ist auch der Rechtsmittelantrag des Insolvenzverwalters vom 12. April 2016: EuGH (Zweite Kammer), Urteil vom 28. Juni 2018, C-203/16 P

Den Volltext der Vorinstanz finden Sie hier: EuG (Neunte Kammer), Urteil vom 4. Februar 2016, T-287/11


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Sanie­rungs­ge­win­ne: Wann ent­schei­det Brüssel?

Sanierungsgewinne sind derzeit die größten Sorgenkinder der Sanierungsbranche. Nachdem der BFH den Sanierungserlass für verfassungswidrig erklärte, schuf der Gesetzgeber mit § 3a EStG züzig eine gesetzliche Neuregelung. Diese tritt jedoch erst in Kraft, wenn die EU-Kommission die beihilferechtliche Unbedenklichkeit bescheinigt. Das Gesetzgebungsverfahren war bereits im Juni 2017 abgeschlossen worden.

Was ist seitdem passiert?

Der Abgeordnete Christoph Meyer stellte der Bundesregierung folgende Frage:

Wie ist der aktuelle Sachstand zum Notifizierungsverfahren bei der Europäischen Kommission hinsichtlich des durch das Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen eingeführten § 3a des Einkommensteuergesetzes, der eine Steuerbefreiung von Sanierungserträgen vorsieht (bitte die Gründe für die Verzögerung nennen), und wann, sofern zutreffend, hat die Zwei-Monats-Frist im Notifizierungsverfahren begonnen?

Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Michael Meister vom 8. März 2018

Die Bundesregierung hat das beihilferechtliche Notifizierungsverfahren zu § 3a EStG, der eine Steuerbefreiung von Sanierungserträgen vorsieht, zeitnah bei der Europäischen Kommission eingeleitet. Wegen wiederholter Nachfragen der Europäischen Kommission an die Bundesregierung zum Regelungsgehalt des neuen § 3a EStG konnte die beihilferechtliche Überprüfung durch die Europäische Kommission noch nicht abgeschlossen werden. Die Zwei-Monats-Frist beginnt erst zu laufen, wenn die Kommission alle Informationen erhalten hat, die nach ihrer Ansicht für die Notifizierung erforderlich sind.

Diese offizielle Aussage können Sie in der hier verlinkten Bundestagsdrucksache 19/1126 "Schriftliche Fragen mit den in der Woche vom 5. März 2018 eingegangenen Antworten der Bundesregierung" vom 9. März 2018 (Seite 41 f.) nachlesen.

Einschätzung: Wie geht es mit den Sanierungsgewinnen weiter?

Erfreulich ist, dass nun eine offizielle Stellungnahme vorliegt. Diese bestätigt, was auch in den Tagen und Wochen zuvor schon aus Berlin zu hören war. Der Inhalt ist ernüchternd. Kurz nach Verabschiedung des Gesetzes waren die Beteiligten noch äußerst zuversichtlich, dass Brüssel den neuen § 3a EStG schnell "durchwinken" würde.

Dies ist nicht der Fall. Wenn von "wiederholten Nachfragen" darf man sicherlich davon ausgehen, dass dies nicht an schlecht vorbereiteten Antworten lag. Dafür nehmen die Beteiligten im Ministerium das Thema viel zu ernst. Es scheint also so zu sein, dass die EU-Kommission grundsätzliche Bedenken gegen eine Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen hat.

Man wird wohl zunächst von einer noch länger andauernden Beratungszeit ausgehen müssen. Leider bleibt die Rechtsunsicherheit damit vorerst weiter bestehen. Das gilt bedauerlicherweise auch für die Übergangsregelungen im BMF-Schreiben vom 27. April 2017, die der Bundesfinanzhof im August ebenfalls als verfassungswidrig bezeichnet hat (siehe hierzu unseren Blogbeitrag). Zumindest hat die Finanzverwaltung hierauf mit einem Nichtanwendungserlass reagiert (wir hatten berichtet). Auch allgemein haben wir in der Praxis den Eindruck, dass die Finanzverwaltung bemüht ist, im Rahmen ihrer Möglichkeiten an sinnvollen Lösungen mitzuwirken.

Weitere Hintergrundinformationen finden Sie auf unserer Sonderseite zu Sanierungsgewinnen und zum Sanierungserlass.


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Sanie­rungs­klau­sel § 8c Abs. 1a KStG kei­ne ver­bo­te­ne Beihilfe?!?

Schlussanträge in Luxemburg: Generalanwalt sieht in § 8 Abs. 1a KStG keine verbotene Beihilfe

§ 8c KStG kann man durchaus als eines der Sorgenkinder im Sanierungssteuerrecht bezeichnen. Regelmäßig sind die Vorschriften zur Verlustverrechnung Gegenstand von Urteilen, die hierin eine Verfassungswidrigkeit oder auch eine verbotene europäische Biehilfe sehen. Genauso häufig waren die Gesetzesänderungen, um die Verlustverrechnung zu beschränken (man denke noch an die alten Mantelkauf-Zeiten), zu reparieren oder zu ergänzen (so zuletzt durch die Einführung des § 8d KStG).

Die Sanierungsklausel des § 8 Abs. 1a KStG - was regelt er?

§ 8 Abs. 1a KStG lautet:

Für die Anwendung des Absatzes 1 ist ein Beteiligungserwerb zum Zweck der Sanierung des Geschäftsbetriebs der Körperschaft unbeachtlich. Sanierung ist eine Maßnahme, die darauf gerichtet ist, die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu verhindern oder zu beseitigen und zugleich die wesentlichen Betriebsstrukturen zu erhalten.

Die Erhaltung der wesentlichen Betriebsstrukturen setzt voraus, dass

1. die Körperschaft eine geschlossene Betriebsvereinbarung mit einer Arbeitsplatzregelung befolgt oder
2. die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen der Körperschaft innerhalb von fünf Jahren nach dem Beteiligungserwerb 400 Prozent der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet; § 13a Absatz 1 Satz 3 und 4 und Absatz 4 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes gilt sinngemäß; oder
3. der Körperschaft durch Einlagen wesentliches Betriebsvermögen zugeführt wird. Eine wesentliche Betriebsvermögenszuführung liegt vor, wenn der Körperschaft innerhalb von zwölf Monaten nach dem Beteiligungserwerb neues Betriebsvermögen zugeführt wird, das mindestens 25 Prozent des in der Steuerbilanz zum Schluss des vorangehenden Wirtschaftsjahrs enthaltenen Aktivvermögens entspricht. 3Wird nur ein Anteil an der Körperschaft erworben, ist nur der entsprechende Anteil des Aktivvermögens zuzuführen. Der Erlass von Verbindlichkeiten durch den Erwerber oder eine diesem nahestehende Person steht der Zuführung neuen Betriebsvermögens gleich, soweit die Verbindlichkeiten werthaltig sind. 5Leistungen der Kapitalgesellschaft, die innerhalb von drei Jahren nach der Zuführung des neuen Betriebsvermögens erfolgen, mindern den Wert des zugeführten Betriebsvermögens. Wird dadurch die erforderliche Zuführung nicht mehr erreicht, ist Satz 1 nicht mehr anzuwenden.

Keine Sanierung liegt vor, wenn die Körperschaft ihren Geschäftsbetrieb im Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs im Wesentlichen eingestellt hat oder nach dem Beteiligungserwerb ein Branchenwechsel innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren erfolgt

Grundsätzlich führen Anteilsübertragungen zum anteiligen Verlust von Verlustvorträgen, wenn innerhalb von 5 Jahren mehr als 25 % der Anteile übertragen werden. Werden mehr als 50 % übertragen, entfallen die Verlustvorträge sogar vollständig. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber den früher verbreiteten Handel mit Verlustmänteln eindämmen.

Der Untergang des künftigen Steuersparpotentials, welches in Verlustvorträgen steckt, mindert den Wert eines Unternehmens jedoch ganz erheblich. Dies traf vor allem Unternehmen, die zur Sanierung auf einen neuen Kapitalgeber angewiesen waren. Regelmäßig liegt dann eine niedrige Unternehmensbewertung vor, so dass die schädlichen Beteiligungsquoren schnell erreicht werden. Oftmals ist eine komplette Übernahme, mindestens jedoch die Kontrollmehrheit, auch konkretes Ziel um die weiter erforderlichen Sanierungs- und Investitionsbeiträge zu rechtfertigen.

Daher wurde § 8c KStG in der letzten Finanzkrise um eine so genannte "Sanierungsklausel" ergänzt.

EU-Kommission: Verbotene Beihilfe

DIE EU-Kommission sah nicht nur in der Ausnahmevorschrifte des § 8 Abs. 2 KStG, sondern auch in diesem § 8c Abs. 1a KStG eine verbotene Beihilfe. Auf der Internetseite der EU finden Sie den Beschluss der EU-Kommission vom 26. Januar 2011 "über die staatliche Beihilfe Deutschlands C 7/10 (ex CP 250/09 und NN 5/10) „KStG, Sanierungsklausel“.

Klagen und Wehklagen

Gegen diese Entscheidung hatte die Bundesrepublik geklat und eine bittere Niederlage einstecken müssen: Ihre Klage war um einen Tag verspätet und damit unzulässig. Die Hoffnung der Steuerpflichtigen ruht seitem auf den insgesamt 14 Klagen von Unternehmen, die ebenfalls Klage vor dem EuG (dem europäischen Gericht erster Instanz) eingereicht hatten.

Doch auch hier wurden die Steuerpflichtigen zunächst enttäuscht: In zwei ersten Entscheidung bestätigte das EuG die Sichtweise der EU-Kommission: § 8 Abs. 1a KStG stelle eine verbotene Beihilfe dar.

Das aktuelle Verfahren "Heitkamp BauHolding"

Eine Klägerin die "Heitkamp BauHolding GmbH" ist heute insolvent. Die Problematik um die Möglichkeit zur steuerpsarenden Verlustverrechnung dürfte dabei eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben. Die Tageszeitung "Der Westen" berichtet am 22. November 2011: "Die Gründe für die Insolvenz bleiben für Außenstehende schleierhaft. Laut Unternehmen gibt es immer noch „erhebliche Altlasten“ aus der Insolvenz der Bergbau-Tochter Deilmann-Haniel aus dem Jahr 2007. Das Unternehmen darf nach einem neuen Steuerrecht Gewinne und Verluste nicht mehr so wie bisher verrechnen.. Immerhin: Es gelang dem Insolvenzverwalter Dirk Andres die Tochtergesellschaften zu veräußern und die über 1.000 Arbeitsplätze zu erhalten. Er führt die Klage nunmehr fort.

Nach der mündlichen Verhandlung am 19. Oktober 2017 hat der schwedische Generalanwalt am EuGH, Nils Wahl, seine Schlussanträge vorgelegt.

Die Kernaussagen der Schlussanträge

Generalanwalt Nils Wahl kommt in seinen Schlussanträgen zu dem Ergebnis, dass es sich bei § 8c Abs. 1a KStG nicht um eine verbotene Beihilfe handelt!

Hintergrund der Diskussion ist seit jeher die richtige Vergleichsgröße. Denn eine verbotene Beihilfe stellt folgende Frage: Werden bestimmte Unternehmen vor anderen bevorzugt? Solche Bevorzugungen durch staatliche Stellen sind unter dem Blickwinkel eines freien Marktes unerwünscht, wenn sie Auswirkungen auf den Wettbewerb der Unternehmen haben.

Generalanwalt Wahl folgt nun vielen Stimmen aus der Literatur: Vergleichsmaßstab sei der Grundfall, nachdem Unternehmen ihre Verluste vortragen können. Damit stellt die Verlustabzugsbeschränkung des § 8c Abs. 1 KStG eine Ausnahme dar. § 8c Abs. 1a KStG stellt hingegen "nur" den Ausgangszustand (Abzugsmöglichkeit) wieder her. Damit fehle es an der erforderlichen "Selektivität", um eine verbotene Beihilfe zu begründen.

Die EU-Kommission und auch der EuG hatten hingegen die eingeschränkte Verlustnutzung nach § 8c Abs. 1 KStG als Grundfall angesehen. Von dieser Ausgangsbasis aus sahen sie in § 8c Abs. 1a KStG eine Ausnahme, die nur bestimmten Unternehmen zu Gute komme. Dies wäre dann geeignet, eine verbotene Behilfe zu begründen.

Ausblick

Die grundsätzliche Frage, welches der richtige Referenzrahmen ist, spielt für zahlreiche Sanierungsthemen eine große Rolle. Dies betrifft nicht nur weitere Fragen rund um die Nutzung von Verlustvorträgen. Auch der Sanierungserlass (und seine gesetzliche Nachfolgeregelung) wird von der EU-Kommission kritisch beäugt, da er - je nach Sichtweise - nur bestimmten Unternehmen staatliche Vorteile gewährt.

Zunächst war zu befürchten, dass sich die Entscheidung des EuGH an denen des EuG orietieren wird. Die Schlussanträge des Generalanwalts Wahl haben die Karten neu gemischt. In jedem Fall wird der EuGH als letzte Instanz für eine lange vermisste Klarheit sorgen. Es bleibt zu wünschen, dass die Entscheidung darüber hinaus auch wichtige Sanierungsinstrumente im deutschen Sanierungssteuerrecht neu beleben wird.


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8. Mai 2023 - Seite 1 von 1