Nach der Entscheidung des BFH (Beschluss vom 28. November 2016, Az. GrS 1/15) wendet die Finanzverwaltung den Sanierungserlass «Sanierungserlass» vom 27. März 2003 (BStBl I 2003, 240) derzeit nicht mehr an. Obwohl mit Hochdruck an einer Übergangslösung gearbeitet wird, ist erst in zwei bis drei Monaten mit einer Lösung und damit einer rechtssicheren Gestaltungsmöglichkeit zu rechnen. Doch wie kann man mit laufenden Fällen umgehen? In den wenigesten Restrukturierungs- und Insolvenzplanfällen hat man die Zeit, um abzuwarten. Selbst wenn ein Gesetz später rückwirkend gelten soll, ist fraglich, ob man die Gläubiger heute von den erforderlichen Maßnahmen überzeugen kann.
Prof. Dr. Marc Dresens hat auf dem Leipziger Insolvenzsteuertag am 29. Feburar 2017 eine interessante Argumentationskette aufgebaut. Sie überzeugt und könnte in dem ein oder anderen Fall vielleicht helfen, gemeinsam mit der Finanzverwaltung eine Lösung zu finden. Zu viel Euphorie ist jedoch nicht geboten: Die Finanzverwaltung positioniert sich in ersten Aussagen sehr klar dahingehend, dass derzeit keine Entscheidungen getroffen werden – auch nicht solche, die den Sanierungserlass nicht voraussetzen.
Prof. Dresens hat zu Recht die Frage aufgeworfen, ob die Finanzverwaltung nicht auf der Grundlage der bestehenden Gesetze (§§ 163, 227 AO) verpflichtet ist, Sanierungsgewinne steuerfrei zu stellen. Der BFH hat in der Entschiedung selbst betont, dass ein Steuererlass aufgrund sachlicher Unbilligkeit im Einzelfall weiterhin möglich ist. Der entscheidende Gedankengang von Prof. Desens: «Die Besteuerung des Forderungsverzichts ist dann sachlich unbillig, wenn dies im Einzelfall nach einer Prognose im Vergleich zur Nichtbesteuerung durch Erlass zu staatlichen Mindereinnahmen führt.» In dem er darauf abstellt, dass die Steuereinnahmen in der drohenden Insolvenz geringer wären, als bei einer Sanierung mit Steuererlass, schafft er die logische Argumentationsbrücke, um einen Fiskalzweck innerhalb des Steuerrechts als Rechtfertigungsgrund für die Billigkeitsregelung zu etablieren. Denn arbeits- und wirtschaftspolitischen Ziele hatte der BFH die Eingung, einen Erlass zu rechtfertigen, ausdrücklich abgesprochen.
Die Argumentation ist spannend und überzeugt. Dennoch dürfte die Fianzverwaltung derzeit nicht beeit sein, solche Wege mitzugehen.
Hintergründe und einer Analyse der Rechtsfolgen für die Praxis finden Sie ab sofort auf unserer IfSBR-Sonderseite «Sanierungsgewinne und Sanierungserlass». Den Vortrag von Prof. Dresens finden Sie hier: «Sanierung des Sanierungserlasses?».